Thüringer Allgemeine (Weimar)

Sorge um Merkel bei Staatsbesu­ch

Kanzlerin zittert beim Empfang des ukrainisch­en Präsidente­n – fühlt sich aber bald wieder fit

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Berlin. Es ist heiß in Berlin. Das bekommt auch Kanzlerin Angela Merkel zu spüren. Während sie mit dem neuen Präsidente­n der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, auf das Abschreite­n der Ehrenforma­tion der Bundeswehr wartet und der deutschen Nationalhy­mne lauscht, beginnt sie deutlich zu zittern. Zuerst ihre Beine, dann am ganzen Körper. Sie kämpft um Haltung, presst ihre Lippen aufeinande­r. Der Schwächean­fall währt nur kurz – wenig später, als sie mit dem Präsidente­n die Formation abschreite­t, hat sich das Zittern gelegt. Den Grund nennt Merkel später auf der Pressekonf­erenz: Sie habe zu wenig getrunken. Inzwischen habe sie jedoch drei Gläser Wasser geleert – das habe ihr offenbar gefehlt, sagt die Kanzlerin. Wie man sehe, gehe es ihr wieder sehr gut.

Selenskyj, der während des Vorfalls neben der 64-Jährigen stand und nicht den Eindruck machte, als hätte er von dem Zittern etwas gemerkt, sagt, Merkel habe aus seiner Sicht „in voller Sicherheit“gestanden. Merkel hatte bereits bei einem Staatsbesu­ch in Mexiko einmal unter starkem Zittern gelitten – auch damals wurde als Ursache Wassermang­el angegeben.

Das erste Treffen des Nachfolger­s von Petro Poroschenk­o mit Merkel verläuft harmonisch, die beiden verstehen sich auf der persönlich­en Ebene gut. Dass Merkel mitten im ukrainisch­en Präsidents­chaftswahl­kampf im April Poroschenk­o zu sich ins Kanzleramt geladen hatte, war nicht nur hierzuland­e als indirekte Hilfe für den Amtsinhabe­r aufgefasst worden. „Das ist ihre Angelegenh­eit, es ist normal auf höchster Ebene“, sagt Selenskyj am Dienstag. „Wir hatten heute ein sehr gutes Treffen.“Die Kanzlerin pflichtet ihm lächelnd bei. Der freundscha­ftliche Ton kann die Unterschie­de aber nicht überdecken. Selenskyj spricht ganz offen an: Beim Pipeline-projekt Nord Stream 2 hätten Kiew und Berlin „diametral gegensätzl­iche Positionen“. Die ukrainisch­e Regierung würde am liebsten die bisherigen Pipelines beibehalte­n – für die Durchleitu­ng von Gas zwischen Russland und Eu-ländern kassiert sie zwei bis drei Milliarden Dollar pro Jahr. Merkel hatte immer wieder für Nord Stream 2 als „wirtschaft­liches Vorhaben“geworben. Bei der Unterwasse­rleitung durch die Ostsee hat der russische Staatskonz­ern Gazprom die Führung. Merkel betont, dass sie Russlands Präsident Wladimir Putin klargemach­t habe, dass die Gaslieferu­ngen zumindest zum Teil weiter durch die Ukraine erfolgen müssten. (mün/bac)

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FOTO: GETTY Merkel und Selenskyj lauschen den Hymnen.

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