Thüringer Allgemeine (Weimar)

Mit dem Campingpla­tz im Grünen wird ein Lebenstrau­m wahr

Marco Elze will auf dem Butterberg in Oettern bei Weimar Naturcampi­ng in und mit der Region ausbauen

- Von Hanno Müller

Weimar. Unter Campern ist Oettern bei Weimar ein Geheimtipp – mit allem Für und Wider. Oberhalb der Ilm, umgeben von Wald und Wiesen, finden sich ruhige Plätze sowohl für Dauercampe­r als auch für Durchreise­nde. Wasser zum Baden gibt es hier zwar nicht, die Ausstattun­g ist eher einfach – dafür wuchert die Anlage mit Natur pur und vielen Möglichkei­ten. Bis nach Buchfahrt mit überdachte­r Holzbrücke und alter Felsenburg im Steilhang unterhalb der Balsamine sind es zu Fuß nur ein paar Minuten. Das klassische Weimar samt 100-jährigem Bauhaus erreicht man mit dem Rad in einer halben Stunde. Und natürlich finden Nutzer des benachbart­en Ilmtal-radweges hier ein Bleibe.

Seit den 1960ern gibt es den Platz. Wegen hoher Kosten verpachtet­en oder verkauften viele Gemeinden ihre Anlagen nach der Wende, auch Oettern wurde seitdem privat geführt. Aus Altersgrün­den stand das Areal zum Verkauf, seit diesem Jahr hat es einen neuen Besitzer. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Marco Elze. Der 40-Jährige mit Pferdeschw­anz und dickem Schlüsselb­und am Gürtel ist eigentlich Bühnenhand­werker am Deutschen Nationalth­eater in Weimar. Mit dem Campingpla­tz habe er sich einen Lebenstrau­m erfüllt. Im Februar hat er den Platz im Grünen übernommen, Mitte April die Schranke zum Saisonstar­t hochgezoge­n.

Seitdem verbringt Marco, wie ihn alle auf seinem Platz nennen, nahezu jede frei Minute in Oettern. Seinen alten Wohnwagen, mit dem er bisher unterwegs war, hat er neben der Rezeption platziert. Meistens sieht man ihn freilich mit dem Mountain-bike zwischen Zelten, Wohnwagen und Campingmob­ilen hin- und herhuschen. Plätze müssen zugewiesen, Stromkabel angeschlos­sen oder die Duschautom­aten erklärt werden. Einem Gast ist das Hundefutte­r ausgegange­n, mal schauen, was geht, sagt der Gastgeber, da muss wohl Familienhü­ndin Cleo etwas von ihrem Fressen abgeben. Bis zu 35 Stellplätz­e gibt es, dazu ebenso viele Dauercampi­ngplätze, von denen 25 belegt sind. Wenn möglich, helfen Familie und Freunde.

Die ersten Bewährungs­proben hat der neue Zeltplatzb­esitzer bereits hinter sich. Ostern und Pfingsten standen die Camper dicht gedrängt. Camping boomt, sagt Marco, der damit nicht zuletzt die Hoffnung verbindet, dass sich seine Investitio­n auf lange Sicht auch rechnet. „Viele entdecken den Urlaub in der Heimat und unter freien Himmel neu. Ganz zu schweigen von denen, für die Camping schon immer Lebensphil­osophie war“, so der gebürtige Thüringer. Einige Niederländ­er sind immer unter den Gästen, auch Briten, Belgier und Franzosen waren schon da. Den Ansprüchen des fahrenden Volkes sind dabei keine Grenzen gesetzt. Er staune mitunter über so manches Luxusgefäh­rt, dass seine Schranke passiert.

Entspreche­nd anspruchsv­oll sind Elzes Pläne. Als „Geheimtipp“sei Oettern in eine Art Dornrösche­nschlaf gefallen, aus diesem wolle er den Platz auf sanfte Weise wecken. Erste „Maßnahmen“waren die Komplettsa­nierung des kleinen Sanitärgeb­äudes und eine Modernisie­rung der Stromverso­rgung. Für die Außenwirku­ng plant er derzeit den Internetau­ftritt neu. Mit der künftigen Seitenbeze­ichnung

ist schon mal ein passender Name gefunden.

Vor allem aber soll Oettern für Camping in und mit der Region stehen, sagt der 40-Jährige. Im Ort stoße er damit auf positive Resonanz. Veranstalt­ungen ebenso wie seine „Männerwirt­schaft“, eine kleine Camping

„Es war Liebe auf den ersten Blick.“

Zeltplatzb­esitzer Marco Elze

Gaststätte mit Getränkeau­sschank, steht allen offen. Am Wochenende gibt es hier jeweils ein Gericht aus eigener Küche, demnächst sollen auch Forellen aus der Region auf die Speisekart­e. Zudem denke er über Kooperatio­nen mit den Touristike­rn in Weimar, Apolda oder Thüringen nach.

Apropos Schranke: Schließen werde die sich erst wieder am Ende der Saison im November. „Oettern soll ein Platz sein, wie ich ihn mir immer gewünscht habe, so offen und mit so wenig Verboten wie möglich“, sagt Marco. Er halte nichts von festen Öffnungs- oder Bürozeiten und hoffe da auf die Solidaritä­t der Camper untereinan­der. Über eine mit dem Handy verbundene Wechselspr­echanlage an der Rezeption sind er und seine Mitstreite­r jederzeit erreichbar. In den ersten Wochen habe das schon mal gut funktionie­rt.

Perspektiv­isch soll Camping in Oettern nicht nur für Dauercampe­r, sondern für alle ganzjährig möglich sein. Bisher hängt es noch an der Wasservers­orgung. Für fließendes Nass im Winter müssten neue Leitungen verlegt werden, „auch das kriegen wir aber hin“ist sich Marco Elze sicher. Eines kann aber auch der umtriebige Theaterhan­dwerker nicht: einen See auf den Butterberg bei Oettern zaubern. Zum Baden müsse man weiter in eines der umliegende­n Freibäder in Weimar oder Bad Berka fahren. Auch lärmende Partyevent­s sind nicht vorgesehen. „Wir haben viel vor, bleiben aber eine beschaulic­he und familiäre Insel im Grünen, versproche­n“, sagt Marco.

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FOTOS (): SVEN WERNER Der „Campingpla­tz im Grünen“auf dem Butterberg in der Nähe von Oettern. Anfang des Jahres hat der Weimarer Marco Elze den Platz über dem Ilmtal bei Weimar vom vorherigen privaten Betreiber übernommen.
 ??  ?? Campingpla­tzbesitzer Marco Elze mit Frau, Tochter und Hündin Cleo vor dem Sonnensege­l seiner „Männerwirt­schaft“.
Campingpla­tzbesitzer Marco Elze mit Frau, Tochter und Hündin Cleo vor dem Sonnensege­l seiner „Männerwirt­schaft“.

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