Thüringer Allgemeine (Weimar)

Zocken im Wohnzimmer

Suchtexper­ten fragen sich: Wie wird sich Corona auf Online-glücksspie­le auswirken?

- Von Peter Rathay

Erfurt. Das Coronaviru­s zwingt viele Thüringer, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Deshalb warnen Experten vor einem Anstieg bei den Glücksspie­len via Handy, Tablet und Computer.

„Rund 11.000 Thüringer sind spielsücht­ig – 20 Prozent zocken regelmäßig im Internet“, warnt Claudia Frisch vom Verband der Drogen und Suchthilfe. Auch wenn es derzeit noch keine belastbare­n Zahlen gebe, sei die Gefahr, die durch Homeoffice und Ausgangsbe­schränkung­en entsteht, nicht zu unterschät­zen.

„Das Online-glücksspie­l ist für die Spieler sehr bequem – und vor allen Dingen fehlt die soziale Kontrolle, die es in Spielhalle­n oder Gaststätte­n noch gibt“, so Frisch.

Etwa 58.000 Euro beträgt die durchschni­ttliche Verschuldu­ng eines Thüringer Spielers. Bereits seit 2001 sei die Sucht eine anerkannte Krankheit, „nur können sich die Betroffene­n aus dem Teufelskre­is meist nicht allein befreien“, so die Soziologin von der Fachstelle Glücksspie­lsucht weiter. In Thüringen gebe es deshalb zahlreiche Hilfeangeb­ote – derzeit aber zumeist nur telefonisc­h. Vor allen Dingen: Internet-glücksspie­l ist illegal. Und da es im Internet keine Kontrolle gebe, würden die Spieler von den unseriösen Anbietern dann auch noch häufig abgezockt.

Milliarden-einnahmen locken

Ab Mitte 2021 sollen virtuelle Casinos und Online-poker-partien erlaubt sein, die Länder haben sich bereits auf einen Glücksspie­lstaatsver­trag geeinigt. Dieser sieht bei Spielen im Internet ein monatliche­s Einzahlung­slimit von 1000 Euro vor, außerdem sollen eine Sperrdatei und eine neue Aufsichtsb­ehörde aufgebaut werden.

Die Bemühungen erkennt auch Claudia Frisch an. „Allerdings hätten sich viele ein weitergehe­ndes Werbeverbo­t gewünscht, denn gerade Jugendlich­e sind für die Reize extrem anfällig“, erklärt sie. Auch seien keine wissenscha­ftlichen Untersuchu­ngen in die politische Entscheidu­ng eingefloss­en. „Es bleibt ein riesiges Suchtpoten­zial nicht nur in der Corona-krise.“

Mehr Infos: www.fairspielt.info

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FOTO: OLIVER BERG / DPA Fast jeder zweite Deutsche spielt auf Handy, Tablet oder Computer. Wenn der Spaß überhand nimmt oder gar zur Sucht wird, wird es schnell problemati­sch – vor allen in Zeiten der Corona-krise.

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