Schutzschild für Unternehmen
Die Bundesregierung will geschwächte Firmen mit einer strengeren Investitionskontrolle vor feindlichen Übernahmen bewahren
Berlin. Mit einem Schutzschild will die Bundesregierung deutsche Unternehmen in der Corona-krise besser gegen feindliche Übernahmen schützen. Nach einem massiven Kursrutsch an der Börse sind Beteiligungen an deutschen Unternehmen derzeit besonders günstig zu haben. An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett eine entsprechende Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) verabschieden. Der Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium, der unserer Redaktion vorliegt, sieht eine deutliche Verschärfung der Investitionskontrollen vor.
Kern der Reform: Künftig muss die Bundesregierung nicht mehr den Nachweis einer tatsächlichen Gefährdung für die öffentliche Sicherheit durch den Einstieg eines Investors mit Sitz außerhalb der Europäischen Union erbringen – es reicht laut Gesetzentwurf schon eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“.
Zudem will die Bundesregierung bei Firmenübernahmen aus dem Ausland den frühzeitigen Abfluss von Fachwissen unterbinden. Solange die staatliche Investitionsprüfung läuft, bleibt der Erwerb „schwebend unwirksam“. Soll heißen: Erst wenn der Staat den Deal als unbedenklich absegnet, darf der Investor Zugriff auf das Know-how des Unternehmen erhalten. Das gilt künftig nicht nur für den Verteidigungsbereich, sondern auch bei kritischer Infrastruktur und weiteren zivilen Sicherheitsbereichen.
„Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern (zum Beispiel Impfstoffen) von einem einzigen Unternehmen abhängen kann“, heißt es dazu aus Regierungskreisen. „Abflüsse von Informationen oder Technologie während einer noch laufenden Investitionsprüfung können daher gravierende Folgen haben.“
Dabei geht es um die Tübinger Firma Curevac, die an einem Impfstoff gegen das Coronavirus forscht. Angeblich soll Us-präsident Donald Trump um das Unternehmen geworben haben – Curevac dementierte dies jedoch, als der Fall Wellen schlug.
Nachdem in der Corona-krise die Aktienkurse weltweit eingebrochen sind, häufen sich die Anzeichen dafür, dass ausländische Staatsfonds, etwa aus China, oder internationale Finanzinvestoren auf Einkaufstour gehen könnten. Dafür ist gerade ein günstiger Zeitpunkt. Die deutschen Konzerne haben an der Börse massiv an Wert verloren. Zwischenzeitlich war der Aktien-leitindex Dax um 40 Prozent abgesackt.
Mit der bevorstehenden Reform des Außenwirtschaftsgesetzes soll auch der Blick bei der Investitionsprüfung weiter gefasst werden. Es geht nicht mehr nur um die Frage, ob die öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Bundesrepublik beeinträchtigt sein könnte, sondern auch um die Sicherheitsinteressen der anderen Eu-mitglieder.
Die Zahl der Prüffälle ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, von 2018 auf 2019 von 78 auf 106. Für die kommenden Jahre erwartet das Bundeswirtschaftsministerium einen weiteren jährlichen Anstieg um jeweils 20 Fälle.
Die Diskussion um schützenswerte öffentliche Infrastruktur brandete etwa im Jahr 2018 auf. Damals wollte der staatliche chinesische Netzbetreiber SGCC beim Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz einsteigen. Das Unternehmen stellt die Energieversorgung von 18 Millionen Menschen in Deutschland sicher. Nach zwei Offerten musste schließlich die staatliche Kfw-bank einspringen und einen 20-Prozentanteil übernehmen, um die Chinesen auszustechen.
Zuletzt waren chinesische Investitionen in Deutschland jedoch stark rückläufig. In den Jahren 2016 bis 2018 flossen jeweils rund zehn Milliarden Euro in Beteiligungen und Übernahmen. Im vergangenen Jahr brach der Wert nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) auf 1,3 Milliarden Euro ein. Großes Aufsehen erregte 2016 die Übernahme der Augsburger Robotik-firma Kuka durch den chinesischen Midea-konzern.