Thüringer Allgemeine (Weimar)

Simon trug Last des Kreuzes mit

Geschichte­n aus der Herz-jesu-kirche (2) Halbrelief auch mit Bezug zur Corona-gegenwart

- Von Christine Herzog

Weimar. Die katholisch­e Herz-jesukirche in Weimar beherbergt zahlreiche Figuren und Bilder. In loser Folge werden Abbildunge­n aus dieser Kirche vorgestell­t, deren Bedeutung für den Alltag erläutert und dazu erklärende Geschichte­n erzählt.

Vor 2000 Jahren kam ein Bauer mittags vom Feld. Er hieß Simon und stammte aus Kyrene, einer Stadt im Osten Libyens. Das Feld, auf dem er arbeitete, befand sich vor den Toren Jerusalems. Dort lebte Simon gerade. Er hatte es nicht weit bis nach Hause, deshalb ging er zum Mittagesse­n heim. Den ganzen Weg über freute er sich auf die Mahlzeit mit der Familie. Doch es kam anders. Auf seinem Heimweg geriet er in eine Menge, die einen Trupp römischer Soldaten mit drei Gefangenen auf dem Weg zur Kreuzigung begleitete. Die Soldaten ergriffen Simon und zwangen ihn, dem einen der Todeskandi­daten beim Tragen des Kreuzes bis zur Hinrichtun­gsstätte zu helfen.

Der Todeskandi­dat war Jesus. Die eher unbedeuten­de Hilfe des Simon von Kyrene für Jesus war den ersten Christen so wichtig, dass diesem einfachen Bauern in der Bibel ein Denkmal gesetzt wurde. Simon kannte Jesus wohl eher nicht. Auf Anweisung der römischen Soldaten schleppte er dem Verurteilt­en die Last. Er packte kräftig zu, obwohl er gezwungen wurde.

Zwang und Einsicht in die Notwendigk­eit verwandelt­en sich in der Person des Simon von Kyrene in die Freiheit der Entscheidu­ng. Simons Heimweg wurde vom Leid der Todeskandi­daten durchkreuz­t. Er nahm die Last eines anderen auf sich. Simon konnte den Verurteila­uf ten nicht retten. Aber er tat, was in seinen Kräften stand, um dessen Leid zu lindern.

In der Herz-jesu-kirche sind 14 geschnitzt­e Halbrelief­s zu sehen,

denen die letzten Stunden des Todeskandi­daten Jesus dargestell­t sind. Das fünfte Bildnis zeigt die Situation, in der Simon das Kreuz anpackt. Dieses Bild ist eine Parallele zum Verhalten vieler Menschen in diesen Tagen: Bei allem Zwang zur Vermeidung von sozialen Kontakten und in der unangenehm­en Verpflicht­ung, Abstand zu halten, zeigen sie Einsicht in diese Regeln. Ja, mehr noch: Sie packen an und helfen – wo und wie sie es gerade können. Wenn jeder und jede Einzelne tut, was in seiner oder ihrer Kraft steht, können bei allem gebotenen Abstand Mitmenschl­ichkeit und Hilfsberei­tschaft über die schwere Zeit hinweghelf­en.

Warum der Künstler auf dem Halbrelief wohl zwei Helfer dargestell­t hat? Vielleicht, weil Hilfe besser gelingen kann, wenn mehrere mit anpacken…

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FOTO: GEROLD HERZOG Simon von Kyrene half Jesus, das Kreuz zur Hinrichtun­gsstätte zu tragen.

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