Zurück ins Leben
Der schwer gestürzte Fabian Käßmann will sein Comeback im Radsport schaffen
Greiz. Im Sattel war es Fabian Käßmann gewohnt, möglichst schnell zu sein. Nun, zehn Monate nach seinem fürchterlichen Sturz bei einem Rennen in Luxemburg, hat der 21Jährige wieder einen Erfolg gefeiert – indem er Geduld bewiesen hat. „Ich habe gute Fortschritte gemacht und die Reha-phase an der Uniklinik in Leipzig sogar eine Woche verlängert“, sagt der junge Mann aus Greiz, der seinen Traum vom Radsport längst nicht aufgegeben hat.
Irgendwann würde er gern wieder für seine Thüringer Mannschaft P&S Metalltechnik an den Start gehen. Manager Lars Wackernagel hält ihm einen Platz frei. Fabian Käßmann aber will vorher den Weg zurück in ein ganz normales Leben schaffen. „Ich bin wieder zu Hause, helfe meinen Eltern und kann inzwischen fast alles selbstständig erledigen“, sagt der Thüringer, der alle mögliche Unterstützung von Mutter Andrea und Vater Jan erfährt.
Auch seine Radsport-familie hat ihn nie im Stich gelassen. „Ich halte engen Kontakt zur Mannschaft“, sagt Käßmann. Die Fahrer um Kapitän John Mandrysch besuchten ihn bei der Reha in Bad Berka und fuhren nach Kreischa, wo er in einer Spezialklinik den Weg zurück ins Leben fortsetzte. Seine Teamkollegen beließen es nicht dabei. Sie initiierten eine Spendenaktion, die just an seinem 21. Geburtstag endete – und 35.000 Euro einbrachte.
„Das war überwältigend“, sagt der Greizer. Damit waren zusätzliche Behandlungen gesichert. Und er konnte sich eine Wohnung in Leipzig anmieten, um seine Rehamaßnahmen wahrzunehmen. Gewissenhaft arbeitete er daran, seine kognitiven Fähigkeiten wie Geeiner dächtnis und Reaktionsfähigkeit zu verbessern. „Ich bin zufrieden.“
Als er am 1. Juni vergangenen Jahres nach einer Karambolage im
Massensprint gegen einen Bordstein gedrängt wurde und 500 Meter vor dem Ziel stürzte, hatte sich die Welt des Fabian Käßmann von
auf die andere Sekunde dramatisch gewandelt. Mit schwerem Schädel-hirn-trauma lag er drei Wochen im künstlichen Koma. Sein Gesicht war zertrümmert, nachdem er mit Tempo 60 gegen einen Laternenmast geknallt war. 29 Schrauben und fünf Platten mussten im Kopf eingesetzt werden. „Ich habe mich schnell mit der Situation abgefunden und wollte die Energie lieber in eine erfolgreiche Reha stecken“, sagt Käßmann, als wäre das eine Selbstverständlichkeit.
Der Weg zurück ist noch nicht beendet. Nach wie vor kann er auf dem rechten Auge nichts sehen. Weitere Behandlungen sind geplant, um den Sehnerv zu aktivieren. „Dafür lasse ich nichts unversucht“, sagt Käßmann. Ob er sein Studium für Sportmanagement und Wirtschaftswissenschaft fortsetzen wird, hat er noch nicht entschieden.
Aber es geht voran. Inzwischen saß er schon wieder auf dem Mountainbike und drehte im heimischen Greiz eine Runde. „Ganz entspannt natürlich. Aber ich habe gemerkt, dass noch viel fehlt“, sagt der junge Thüringer, der wenige Tage vor seinem Unfall bei der Baltyk-karkonosze-tour in Polen auf Rang drei in der Bergwertung gefahren war.
Berge versetzen, das hat Fabian Käßmann in den zurückliegenden Monaten immer wieder getan. Und damit seinen Horizont erweitert. Dem schnellen Erfolg jagt er nicht mehr hinterher. „Ich werde weiter kämpfen“, sagt er. Sein größter Wunsch ist es, dass die Sehkraft seines rechten Auges doch noch zurückkehrt. Ist diese Etappe erreicht, rückt vielleicht sogar wieder der Radsport in den Blick. Sein Thüringer Team P&S Metalltechnik jedenfalls hält ihm einen Platz frei. Egal wie lange es dauert.