Thüringer Allgemeine (Weimar)

Beide Werke gehören nach Gera

Kunstsamml­ung sucht Spender für Dix-zeichnung und Gemälde von Karl Weschke

- Von Ulrike Kern

Gera. Dass es gerade jetzt, zu Zeiten der Corona-krise, die für viele Menschen mit existenzie­llen Ängsten einher geht, schwierig sein könnte, um Geld für die Kunst zu werben, ist allen Beteiligte­n bewusst. Und dennoch treten der Verein der Freunde und Förderer der Kunstsamml­ung Gera/otto-dix-haus und der Kunstverei­n Gera jetzt an die Öffentlich­keit und bitten kunstinter­essierte Bürger um finanziell­e Hilfe. Denn die Kunstsamml­ung Gera hat unlängst ein sehr lukratives Angebot erhalten, zwei für das Geraer Sammlungsp­rofil überaus bedeutsame Werke aus Privatbesi­tz ankaufen und sich damit dauerhaft sichern zu können.

Zum einen handelt es sich um die großformat­ige Zeichnung von Otto Dix (1891-1969) „Mutter und Eva“von 1935 aus hessischem Privatbesi­tz. Seit knapp zwei Jahren befindet sich das Werk als Dauerleihg­abe bereits im Otto-dix-haus Gera. Die Zeichnung ist der sogenannte Karton, eine 1:1-Vorzeichnu­ng mit Kohle auf Papier, Weiß gehöht, für das bekannte gleichnami­ge Gemälde „Mutter und Eva“, das sich in der Sammlung des Folkwang-museums in Essen befindet. Die Zeichnung hat eine eindeutige Provenienz und stammt aus familiärem Besitz der Nichte von Otto Dix, die vor einigen

Jahren verstarb. Die Zeichnung ist als metaphoris­ches Doppelbild­nis angelegt und entstand in der altmeister­lichen Phase von Dix.

Mit der Zeichnung hat Dix die Bildidee und Kompositio­n des späteren Gemäldes vorbereite­t. Sie thematisie­rt den Kreislauf des Lebens vom Werden und Vergehen an einem persönlich­en Familienbi­ld des Malers. Das Blatt zeigt die 72jährige Mutter des Künstlers Louise Dix mit ihrer dreijährig­en Enkelin Eva, Tochter der zwei Jahre jüngeren Schwester von Otto Dix. Durch die klare Gegenübers­tellung von Jugend und Alter symbolisie­rt Otto Dix in dieser Arbeit die Generation­enfolge in der Familie sowie den Kreislauf von Anfang und Ende in der Natur.

Kaufangebo­t ist zeitlich begrenzt Neben Otto Dix gilt Karl Weschke als weiterer bedeutende­r Künstlerso­hn Geras und ist ebenfalls Ehrenbürge­r der Stadt. Vom ihm wurde der Kunstsamml­ung das Ölgemälde „Alter schwarzer Hund an einem grauen Tag“aus dem Jahr 1987/88 angeboten. Der 1925 in Gera geborene Künstler thematisie­rt in seiner Kunst die existenzie­llen Verhältnis­se zwischen Natur, Tier und Mensch. Seine Bilder zeigen vielmals außerorden­tliche und existenzie­lle Momente des Überlebens­kampfes animalisch­er Kreaturen und deuten als Metapher sinnbildli­ch auch auf Zustände der menschlich­en Existenz. „Beide Arbeiten gehören unbedingt nach Gera. Die Kaufangebo­te sind zeitlich begrenzt und sehr fair“, betont der Musiker Albert Zetzsche, selbst Mitglied im Kunstverei­n, der gemeinsam mit seiner Frau Claudia Stillmark eine Initialspe­nde überwiesen hat.

Denn die Stadt Gera verfügt über keine Mittel, um diese einmalige Gelegenhei­t des Erwerbes zu nutzen. Der Freistaat Thüringen hat zwar eine Förderung für den Ankauf beider Werke in Aussicht gestellt – allerdings nur anteilig. Mindestens

30.000 Euro, so Albert Zetzsche, wäre der erforderli­che Eigenantei­l. Dafür bitten die beiden Vereine die Geraer Bürger um Unterstütz­ung, auch in diesen schwierige­n Zeiten des Verzichts im kulturelle­n Miteinande­r die Kunst zu unterstütz­en. Für den November sind ein Benefizkon­zert der Kammermusi­kformation „Ensemble Dix“sowie eine Kunstaukti­on im Rathaussaa­l geplant, um weitere Spenden zu akquiriere­n. „Auch jeder kleine Betrag hilft uns weiter“, so Albert Zetzsche.

Schon einmal war in Gera ein solcher Spendenauf­ruf geglückt: Am 4. Dezember 1997, am Abend des 106. Geburtstag­es von Otto Dix, konnte seine berühmte Darstellun­g des Heiligen Christopho­rus mit dem Christuski­nd offiziell an die Kunstsamml­ung Gera übergeben werden. Das großformat­ige Gemälde aus dem Jahr 1939, das einst von einem Brauereibe­sitzer bei Gera beauftragt wurde, konnte unter anderem durch Spenden von Geraer Bürgern von den Erben angekauft werden.

Spenden an den Verein der Freunde und Förderer der Kunstsamml­ungen Gera/ Otto-dix-haus e.v., IBAN: DE78 8305 0000 0000 0116 81, Sparkasse Geragreiz. Bitte Verwendung­szweck (1. Spende für Ankauf Dix und Weschke, 2. Spende für Ankauf Dix, 3. Spende für Ankauf Weschke) und Adresse angeben für eine Spendenqui­ttung.

 ?? ARCHIV-FOTO: BODO SCHACKOW / DPA ?? Kunstsamml­ungsdirekt­or Holger Saupe mit der Otto-dix-zeichnung zum bekannten Gemälde „Mutter und Eva“
ARCHIV-FOTO: BODO SCHACKOW / DPA Kunstsamml­ungsdirekt­or Holger Saupe mit der Otto-dix-zeichnung zum bekannten Gemälde „Mutter und Eva“
 ?? FOTO: PRIVATBESI­TZ / KUNSTSAMML­UNG GERA ?? Das Ölgemälde von Karl Weschke „Alter schwarzer Hund an einem grauen Tag“von 1987/88.
FOTO: PRIVATBESI­TZ / KUNSTSAMML­UNG GERA Das Ölgemälde von Karl Weschke „Alter schwarzer Hund an einem grauen Tag“von 1987/88.

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