„Nur rumlungern ist nicht schön“Interview der Woche Tobias Zinserling aus Apolda und sein kleines Fitnessstudio daheim
Apolda. Die Ziele waren hoch gesteckt in diesem Jahr. Jetzt aber ist alles offen für Tobias Zinserling aus Apolda. Der Kraftsportler nutzt die Corona-zeit auf seine Art.
Wie trainieren Sie?
Die Situation ist schwierig. Wir haben aus unserem Trainingskeller ein paar Geräte zu mir nach Hause geholt, dazu einen Kniebeugeständer aus dem Fitnessstudio. Dazu Hantelstange, ein paar Scheiben und eine Bank. Ich habe jetzt mein eigenes kleines Home-gym, um nicht gänzlich einzurosten. Ich habe außerdem eine Zahn-op machen lassen, war so sowieso eine Zeit lang außer Gefecht gesetzt. Jetzt hoffe ich, dass es sich ab Mai alles wieder normalisiert.
Können Sie zuhause genau so trainieren wie im Studio?
Nein, das ist eher notdürftig. Ich habe das Training umgestellt. Die Belastung ist nicht ganz so hoch. Ich trainiere die Muskulatur nun intensiver, die man sonst nur beiläufig trainiert. Aber die Beanspruchung ist geringer. Man ist auf Notbetrieb, um nicht zu verkalken und fit bleibt.
Wie lange werden Sie brauchen, um nach der Krise wieder auf altem Niveau zu sein?
Sobald es möglich ist, stellt man das
Training dann natürlich wieder auf Wettkampfbetrieb um. Die Maximalleistung zu erreichen, wird vier bis sechs Wochen dauern.
Können Sie dem etwas Positives abgewinnen?
Immer. Trainiert man jetzt andere Muskelgruppen, sind die sonst so hart beanspruchten Muskeln dann sicherlich ausgeruhter, regenerierter und damit belastbarer. In der Summe kann man dann sicherlich mehr Kilos herausholen.
Nun kann man ja aber nicht den ganzen Tag im Home-gym verbringen ...
Das stimmt. Ich setze mich auch mit der Ernährung auseinander, mit Trainingssystemen und arbeite auch ein bisschen im Homeoffice. Dazu lerne ich jetzt typische Hausmannstätigkeiten kennen, die ich sonst nicht mache ...
Den Müll runterbringen?
(Lacht.) Auch das. Oder eben Sachen reparieren, die liegen geblieben sind, für die man sonst zwischen Arbeit und Training keine Zeit gefunden hat. Wir haben unser Gästezimmer jetzt renoviert. Den ganzen Tag rumlungern, ist nicht schön.
Hätten Sie je zu träumen gewagt, dass es mal zu solch einer Lebenssituation kommt?
Dass es so krass wird, war nicht abzusehen. Wir haben zwar in Apolda noch keine Maskenpflicht, besorgt habe ich den Mundschutz aber schon einmal ...
Sind die Maßnahmen gerechtfertigt?
Leider ja. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass es einige auf die leichte Schulter nehmen. Und so werden auch ihnen die Augen geöffnet. Jetzt ist es aber so, dass auch die vielen kleinen Läden geschlossen sind, obwohl man hätte Vorkehrungen treffen können.
Wie meinen Sie das?
Ich habe selbst im Zentrum von Apolda meinen Laden. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viele Menschen aus den Risikogruppen auf den Straßen gesehen wie zuletzt bevor wir schließen mussten. Die kamen normalerweise immer mittwochs und freitags wenn Markttag ist. Daran sieht man doch die Unvernunft, sich an Regeln halten zu wollen. Und somit mussten diese drastischen Maßnahmen her – und die werden noch drastischer, wenn sich dann immer noch welche verweigern.
Sie waren noch zum Ende des vergangenen Jahres in Dubai zur WM, nun kommt man kaum mehr aus Thüringen raus. Wie gehen Sie damit um?
Es sind ja jetzt eh alle Wettkämpfe abgesagt. Es gibt nichts, worauf man hintrainieren kann. Also schaut man nach vorn. Mein Augenmerk war die Weltmeisterschaft in Norwegen. Wir wissen nicht, ob die stattfindet. Dort hätte man sich für die World Games qualifizieren können – die sind schon zusammen mit den Olympischen Spielen um ein Jahr verschoben worden. Das heißt, ich habe mehr Zeit, mich darauf vorzubereiten. Das ist der positive Aspekt. Diese positive Denkweise brauchen wir alle jetzt. Egal, ob als Sportler, als Selbstständiger oder als Arbeiter, der auf Kurzarbeit gestellt ist. Wir alle müssen das Beste aus der Situation machen.
Zum Sport gehören auch Sponsoren – haben Sie Angst, dass die in Folge der Krise kein Geld mehr haben, um den Sport weiter zu unterstützen?
Bislang war ich selbst für Sponsoren noch nicht so interessant. Das kam jetzt erst durch die WM in Dubai so langsam ins Rollen. Man muss schauen, was nach der Krise passiert. Es werden sich alle neu sortieren müssen. Es wird ein, zwei Jahre dauern, bis alle Unternehmen die Krise verkraftet haben, bis alles wieder normal läuft. Betroffen werden eher die großen Vereine im Fußball sein, die von großen Sponsoren abhängig sind. Ich befinde mich da eher in einer Randsportart.