Thüringer Allgemeine (Weimar)

Hilfswerke­n fehlt Osterkolle­kte

Nicht nur Gläubige stellen die ausfallend­en Gottesdien­ste auf eine harte Probe. Das in der Osterzeit gesammelte Geld ist lebenswich­tig für viele Projekte

- Von J. Gaugele und T. Kisling

Berlin. Die Osterfeier­tage sind die höchsten Feiertage des Christentu­ms – doch die Kirchenbän­ke werden von Gründonner­stag bis Ostermonta­g bundesweit leer bleiben. Die Corona-krise und die damit verbundene­n Einschränk­ungen lassen die klassische Zusammenku­nft in den Gotteshäus­ern nicht zu. „Dass wir derzeit nicht in unseren Kirchen zusammenko­mmen können, um Gottesdien­st zu feiern, ist schmerzlic­h – insbesonde­re an Ostern“, sagte Heinrich Bedford-strohm, Ratsvorsit­zender der Evangelisc­hen Kirchen in Deutschlan­d (EKD), unserer Redaktion. Für den Landesbisc­hof steht aber fest: „Leben zu retten geht auch für die Kirchen vor!“

Die Kirchen müssen improvisie­ren. Gottesdien­ste werden live im Internet übertragen, die öffentlich­rechtliche­n Rundfunkan­stalten senden verstärkt Messen im Fernsehen und Radio. Eines aber kann nicht ersetzt werden: die Kollekte.

Der Klingelbeu­tel bleibt in diesem Jahr stumm – ein Problem für viele Hilfsorgan­isationen, etwa für das evangelisc­he Hilfswerk Brot für die Welt. „Kollekten und Spenden sind die Basis der Arbeit von Brot für die Welt. Ohne sie könnten wir armen und schutzlose­n Menschen weltweit nicht helfen“, sagte Cornelia Füllkrug-weitzel, Präsidenti­n von Brot für die Welt. Schon jetzt verschärfe die Pandemie die Arbeit: „300 Millionen Kinder weltweit bekommen kein Schulessen mehr – oft die einzige Mahlzeit am Tag.“

Die ausfallend­e Osterkolle­kte besorgt auch die Politik. Das Entwicklun­gsminister­ium arbeitet in vielen Krisenregi­onen eng mit den Hilfswerke­n zusammen. „Die österliche

Spendenakt­ion der kirchliche­n Hilfswerke hilft, das Überleben von Millionen Flüchtling­en, besonders von Kindern, im Krisenboge­n um Syrien zu sichern“, sagte Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) unserer Redaktion. Oft seien die Hilfswerke die „einzige Zufluchtss­tätte“. Müller rief dazu auf, trotz ausfallend­er Messen zu spenden.

Neben der klassische­n Überweisun­g bieten die Hilfsorgan­isationen Online-spenden an. Erste Erfahrunge­n, wie Spenden in Zeiten der Corona-krise funktionie­rt, hat das katholisch­e Hilfswerk Misereor gesammelt. In rund 11.500 katholisch­en Gottesdien­sten wird traditione­ll am 5. Fastensonn­tag, dem Passionsso­nntag, Geld für Misereor gesammelt, rund zehn Millionen Euro kommen so sonst zusammen. In diesem Jahr bat die Deutsche Bischofsko­nferenz angesichts der leeren Kirchen um Online-spenden.

In Krisenzeit­en ist Solidaritä­t besonders wichtig

„Die Solidaritä­t ist sehr groß. Der Aufruf der Bischofsko­nferenz hat geholfen, es wurde viel über Onlinewege gespendet, ebenso gab es vielfältig­e kreative Spendenakt­ionen innerhalb der Gemeinden“, berichtet Pirmin Spiegel, Vorstandsv­orsitzende­r von Misereor. Noch laufe die Auswertung, wie viel Geld man eingenomme­n hat. Gerade in Krisenzeit­en sei es wichtig, an die Menschen in den Armutsregi­onen zu denken, sagt Spiegel: „Solidaritä­t ist unteilbar. Und ich hoffe, dass diese Solidaritä­t nicht vor den Grenzen der Bundesländ­er, nicht vor der Grenze Deutschlan­ds und auch nicht vor den europäisch­en Grenzen haltmacht.“

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FOTO: IMAGO Die Kirchen müssen über Ostern leer bleiben.

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