Thüringer Allgemeine (Weimar)

Söder hängt Laschet und Merz ab

Umfrage: Deutsche trauen Cdu-bewerbern die Kanzlerkan­didatur in der Union kaum zu. CSU-CHEF liegt vorn

- Von Tim Braune und Jochen Gaugele

Berlin. In der CDU könnte die Laune auf den ersten Blick kaum besser sein. Die Bürger vertrauen auf das Krisenmana­gement der Kanzlerin, die Union kommt in Umfragen auf Traumwerte zwischen 37 und 40 Prozent. Vor Corona und mitten im Thüringer Schlamasse­l war die Union um die 15 Punkte magerer. Am Freitag feierte die CDU ihren 75. Geburtstag – wegen der Pandemie allerdings nur mit einer digitalen Stehparty. Am 26. Juni 1945 war im kriegszert­rümmerten Berlin der Gründungsa­ufruf verfasst worden. Alles paletti also? Nicht ganz.

Jeder in der CDU weiß, dass es in der zweiten Jahreshälf­te ungemütlic­her werden dürfte. Die Partei muss das Machtvakuu­m füllen, das Annegret Kramp-karrenbaue­r mit ihrem Rückzug – und auch schon davor nach einer Serie von Missgeschi­cken – hat entstehen lassen. Im Dezember soll ein Parteitag die Entscheidu­ng bringen. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen bewerben sich. Wer CDU-CHEF wird, hat beste Chancen auf die

Kanzlerkan­didatur für die Bundestags­wahl im Herbst 2021 und die Nachfolge der ewigen Kanzlerin Angela Merkel. Oder stimmt das womöglich gar nicht?

Eine exklusive Kantar-meinungsum­frage im Auftrag unserer Redaktion kommt für die Cdu-aspiranten zu ernüchtern­den Ergebnisse­n.

Alle drei Kanzlerkan­didaten werden von der Mehrheit abgelehnt

So halten die Deutschen keinen der drei Bewerber um den Cdu-vorsitz für einen geeigneten Kanzlerkan­didaten der Union. Nur 19 Prozent der Befragten können sich den nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Laschet als Kandidaten vorstellen, 61 Prozent halten ihn nicht für geeignet. 19 Prozent wollten sich nicht festlegen.

Der Wirtschaft­spolitiker Merz kommt auf eine Zustimmung von 30 Prozent, 56 Prozent allerdings lehnen den früheren Unionsfrak­tionsvorsi­tzenden als Spitzenkan­didaten ab. Auf die schlechtes­ten Werte kommt der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag, Norbert Röttgen. Den früheren

Bundesumwe­ltminister, der 2012 von Merkel entlassen wurde, stufen nur 13 Prozent als geeignet und 60 Prozent als ungeeignet ein.

Gesundheit­sminister Jens Spahn, der die Kandidatur von Laschet unterstütz­t, schneidet mit 27 Prozent

Zustimmung und 57 Prozent Ablehnung erheblich besser ab als der Nrw-regierungs­chef. Im Gespräch mit unserer Redaktion stellte Spahn klar, dass er an der Teamlösung mit Laschet festhält. Im Februar hatte Spahn auf eine erneute eigene Kandidatur (2018 wurde er im ersten Wahlgang Dritter) verzichtet und Laschet den Vortritt gelassen.

Zu denken geben wird allen Cdu-kandidaten, dass sehr viele Deutsche dem Csu-vorsitzend­en und bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder das Land anvertraue­n würden. 45 Prozent der Deutschen halten ihn für einen geeigneten und 36 Prozent für einen ungeeignet­en Kanzlerkan­didaten. 19 Prozent wollten keine Entscheidu­ng treffen. Söder hat sich in der Corona-krise als zupackende­r Landesvate­r erwiesen – und wirkt in der Union für manche wie das Gegenmodel­l zum zögerliche­n Laschet.

Lange Zeit betonte der Franke, sein Platz sei unverrückb­ar in Bayern. Seit ein paar Wochen hört sich Söder da nicht mehr ganz so entschloss­en an. Er wäre übrigens nicht der erste Franke im Kanzleramt. Das war Ludwig Erhard, allerdings auf Cdu-ticket.

Ein überragend­es Ergebnis erzielt Söder unter den Anhängern der Union: 69 Prozent trauen ihm eine erfolgreic­he Kanzlerkan­didatur zu, während 20 Prozent daran Zweifel haben. Damit schneidet der CSU-CHEF besser ab als Merz (52 Prozent zu 46 Prozent). Negative Werte selbst in der Union erzielten Spahn und Laschet (jeweils 31 Prozent zu 63 Prozent) sowie Röttgen (24 Prozent zu 63 Prozent).

Bemerkensw­ert: Laschet holt sein bestes Ergebnis (76 zu 24 Prozent) in der FDP, mit der die CDU in NRW regiert. Merz schneidet im Afd-lager (67 zu 33 Prozent) erheblich besser ab als unter Unionswähl­ern. Spahn punktet vor allem bei den Grünen (40 zu 51 Prozent). Das Institut Kantar (vormals Emnid) befragte am 24. Juni 2020 mehr als 500 repräsenta­tiv ausgewählt­e Bundesbürg­er.

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