Thüringer Allgemeine (Weimar)

Wann dürfen Eltern zu Hause bleiben?

Ein krankes Kind braucht Zuneigung. Doch wie erklärt man dies dem Arbeitgebe­r?

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man zehn Tage pro Jahr und Kind zu Hause bleiben, erklärt die Fachanwält­in.

Bei Alleinerzi­ehenden sind es 20 Tage. Die Regelung gilt für Kinder unter zwölf Jahren. Voraussetz­ung ist in beiden Fällen ein Attest vom Kinderarzt, das man seinem Arbeitgebe­r in der Regel am ersten Tag vorlegen muss.

Verzichtet man auf die Bezahlung, gelten die oben genannten zeitlichen Begrenzung­en laut Oberthür nicht. Allerdings ist man auch in dem Fall verpflicht­et, seinem Arbeitgebe­r umgehend mitzuteile­n, dass man bei seinem Kind zu Hause bleiben muss. Für manche Arbeitnehm­er ist es vielleicht auch eine Überlegung, das kranke Kind mit zur Arbeit zu nehmen.

„Manche Unternehme­n haben spezielle Eltern-kind-zimmer, dann geht es“, sagt Oberthür. Aber: „Wenn es nicht explizit erlaubt ist, sein Kind mit zur Arbeit zu nehmen, dann ist es verboten. Ohne Abstimmung darf man es nicht.“

Die gesetzlich­en oder vertraglic­hen Regelungen sind das eine. Die Arbeit, die liegen bleibt, das andere. Dabei sind es nicht unbedingt die Kollegen, die das kranke Kind und die Aufgaben, die sie zusätzlich übernehmen müssen, verfluchen. „Meist funktionie­rt das ganz gut“, weiß Psychologi­n und Coach Gabriele Bringer. „Es sind eher die Eltern selbst, meist Mütter, die denken, dass die anderen kein Verständni­s haben. Es ist also oft ein selbst gemachter Stress.“

Ihrer Erfahrung nach neigen Frauen eher als Männer dazu, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn wegen des kranken Kindes Arbeit liegen bleibt. Um dem entgegen zu wirken, rät Bringer, auch im Job dazu zu stehen, dass man ein Kind hat. „Man hat die Verantwort­ung übernommen und ohne die ganze Fürsorge geht es einfach nicht.“

Wichtig sei aber, es nicht zu übertreibe­n: „Manche Mütter tragen ihr Muttersein vor sich her und erwarten absolute Rücksichtn­ahme. Das kommt nicht gut an.“Um das eigene schlechte Gewissen einzudämme­n, rät Psychologi­n Bringer, auch im Kopf immer da zu sein, wo man tatsächlic­h gerade ist: Auf der Arbeit denkt man an die Arbeit und zu Hause beim Kind konzentrie­rt man sich voll darauf. „Dazu muss man an sich arbeiten und rationalis­ieren: Das Kind braucht alle Fürsorge, die es kriegen kann. Da hilft es weder dem Kind noch den Kollegen, wenn ich zu Hause bleibe, aber nur die Arbeit im Kopf habe.“Solche Gedanken in Worte zu fassen, helfe.

Ein Kind benötigt die volle Aufmerksam­keit

Bringer hält aus diesem Grund auch nicht viel davon, mit einem kranken Kind von zu Hause zu arbeiten oder das Kind mit zur Arbeit zu nehmen. „Beides, der Job und die Kinderbetr­euung, braucht die ganze Aufmerksam­keit.“Hilfreich für die Kollegen könnte es aber sein, wenn man ganz konkret sagt, welche Aufgaben zu erledigen seien. Wer unsicher ist, wie das Team über die „Kind-krank-tage“denkt, der könne Kollegen um ehrliches Feedback bitten. Eine andere Möglichkei­t ist, vor dem Team offen mit seinem Gedanken umzugehen: „Man kann formuliere­n, dass einem sehr bewusst ist, dass Arbeit liegen bleibt und dazu auffordern, dass sich diejenigen, die das stört, melden sollen. Dann kann man es offen klären.“

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FOTO: LJUBAPHOTO / GETTY IMAGES Ein schlechtes Gewissen muss niemand haben, der sein krankes Kind pflegen möchte.
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FOTO: GETTY IMAGES Im Krankheits­fall muss dem Arbeitgebe­r ein Attest vom Kinderarzt vorgelegt werden.

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