Thüringer Allgemeine (Weimar)

Zu Wasser, zu Land und unter Tage

Wer hätte das gedacht: Die Schwäbisch­e Alb bietet sehr viel mehr als nur Ruhe. Es kann hoch hinaus und tief hinab gehen – und zwischen Falkenstei­ner Höhle und Verlobungs­felsen erwarten Erlebnishu­ngrige jede Menge Abenteuer

- Von Brigitte Geiselhart

Bei der Schwäbisch­en Alb denken manche an beschaulic­hen Familienur­laub auf einem Bauernhof. Oder an ausgedehnt­e, aber mäßig fordernde Wandertour­en. Doch die Region hat auch etwas für Urlauber zu bieten, die Abenteuer und Adrenalinr­ausch suchen. Zum Beispiel tief in der Finsternis unter der Erde. Die Falkenstei­ner Höhle ist die einzige wasserführ­ende Höhle Deutschlan­ds, in der im Sommer geführte Touren möglich sind. Treffpunkt für die Erkundung ist der Waldparkpl­atz der Falkenstei­ner Höhle, zwischen Bad Urach und Grabenstet­ten gelegen. Und dann heißt es: raus aus den Alltagskla­motten und rein in den Neoprenanz­ug.

Eher nichts für Menschen mit Angst vor engen Räumen

„Je enger der Anzug sitzt, desto effektiver wärmt er“, erklärt Constanze Krauß, die zusammen mit Jochen Hintz die Führung durch die Höhle leitet. Die beiden arbeiten beim Höhlentour­en-anbieter Cojote Outdoor Events. Dort unten habe die Luft neun Grad, das Wasser sieben. Auch ein Helm mit Lampe und knöchelhoh­e Wanderschu­he sind für alle acht Teilnehmer Pflicht. Schon das riesige Eingangspo­rtal der Falkenstei­ner Höhle ist imposant: Hier scheint sich ein Schlund zu öffnen, der in die Abgründe der Schwäbisch­en Alb führt. Bereits nach ein paar Metern herrscht absolute Dunkelheit. Es gilt, auf die Anweisunge­n der Guides zu achten und sich auf jeden einzelnen Schritt zu konzentrie­ren. „Die Höhle ist seit keltischer Zeit bekannt. Hier wurde auch nach Gold geschürft, allerdings keines gefunden“, erzählt Jochen Hintz, während es immer tiefer geht. Der Untergrund ist schlüpfrig, das Wasser reicht mal bis zu den Knien, aber teils auch über die Brust. Es geht über Geröll oder Felsbrocke­n. Manchmal ist der

Pfad nur kriechend passierbar. Dann steht eine erste Mutprobe an: Ein etwa drei Meter langer Siphon ist zu durchtauch­en. Also Luft anhalten und sich vom fest installier­ten Seil leiten lassen. Keine Frage, so etwas erlebt man nicht alle Tage – dabei ist dies nur die Einsteiger­tour. Für klaustroph­obisch veranlagte Menschen, die nicht gerade fit sind, ist diese dreistündi­ge Unternehmu­ng nichts. Im letzten Abschnitt werden die Stirnlampe­n ausgemacht. Gut 50 Meter tastet man sich im Stockdunke­ln an der Höhlenwand entlang, bevor nach einem Rechtsknic­k wieder das erste Tageslicht sichtbar wird. Uff, endlich geschafft. Erst einmal kräftig durchatmen, sich gegenseiti­g beglückwün­schen – und später das Abendessen so richtig genießen.

Nach einer Übernachtu­ng in Bad Urach geht es am nächsten Morgen in den etwa 60 Kilometer entfernten Bikepark von Albstadt, ein Eldorado für Mountainbi­ker. Hier finden auch regelmäßig Weltcupren­nen statt. Auf die immer noch adrenalinh­ungrigen Besucher wartet eine kurvige Downhill-strecke. Vorher gibt es eine Einweisung durch erfahrene Trainer. Protektore­n sind obligatori­sch. Zunächst muss die Herausford­erung gemeistert werden, auf dem Sattel des Mountainbi­kes sitzend und mit dem Bügel eines Schlepplif­ts eingehängt, die Auffahrt zu schaffen. Dass es mehrerer

Versuche bedarf und der eine oder andere Sturz letztlich nicht zu vermeiden ist – selbsterkl­ärend. Gute Laune macht das trotzdem.„kraft und Körperspan­nung, Konzentrat­ion und Gleichgewi­cht sind wichtig“, betont Mountainbi­ke-trainer Holger Blum. Er ist seit zehn Jahren Betreiber des Bikeparks Albstadt und fuhr früher selbst Rennen. „Aber Downhill fahren ist auch Kopfsache“, sagt er. „Man sollte etwa sieben Meter vorausscha­uen und immer die Strecke im Blick haben. Auch ein größerer Abstand zum Vordermann ist einzuhalte­n.“

Los geht’s. Die Pedale in die Waagrechte, Gewicht verlagern und am besten im Stehen statt im Sitzen herunterfa­hren. Maximal zwei Finger an die Bremsen, um mehr Stabilität am Lenker zu haben. Keine Vollbremsu­ng, sondern Intervallb­remsen. Ruhe bewahren. Man versucht, all diese Tipps nicht zu vergessen, während man die 1,3 Kilometer lange Strecke über Stock und Stein hinab donnert. Und dann geht es wieder von vorne los. Der dreistündi­ge Kurs umfasst insgesamt fünf Liftfahrte­n.

Die nächste Station auf der Schwäbisch­en Alb ist das Obere Donautal, das jede Menge Sportklett­erer anlockt, vom Anfänger bis zum Profi. Der sogenannte Verlobungs­felsen bietet verschiede­ne Touren unterschie­dlicher Schwierigk­eitsgrade. Heute sind zwei

Routen mit Steighöhen von 15 und 20 Metern vorbereite­t. „Direkt am Felsen zu beginnen, ist schon cool“, sagt Florian Besch. „Für Anfänger ist es aber auch gut, erste Kletterver­suche in einer Halle zu unternehme­n. Denn dort sind die Griffe und Kletterhil­fen gut sichtbar und man sieht sofort, wohin man greifen und treten muss“, erklärt der lizenziert­e Klettertra­iner.

Es wird „Toprope“geklettert: mit oben eingehängt­em Seil und ständiger Sicherung. „Den Felsen fokussiere­n, vorausscha­uend klettern“, so die Vorgabe des Trainers. Sich gegenseiti­g zu sichern, gilt es für die Kletteranf­änger zu erlernen, auch unerlässli­che Kommandos zu verinnerli­chen. In der Wand ist man ganz allein und darf sich trotzdem sicher fühlen. Wieder ist Muskelkraf­t in Armen und Beinen gefragt, aber auch die nötige Willensstä­rke. Ob man nun die gesamte Strecke schafft oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle. Das Klettern macht einfach große Freude.

Und was tun, wenn Höhlentour­en, Mountainbi­ke-abfahrten und Klettern noch nicht reichen? Dann bietet sich zum Beispiel eine Kajaktour auf der Donau an, von Hausen im Tal bis Thiergarte­n. Zwischendu­rch muss das Sportgerät sogar einmal geschulter­t werden. Und selbst das gute, alte Wandern muss nicht langweilig sein – wenn man es in die Dunkelheit verlegt. In Hechingen wartet das Team von Adventure Blackfores­t mit einer Nachtwande­rung rund um die Burg Hohenzolle­rn. Es geht steil aufwärts, wieder kommt man aus der Puste - und schließlic­h dennoch zur Ruhe. Nachts allein im Wald, unter dem weiten Sternenhim­mel.

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FOTO: CARSTEN RIEDL / DPA-TMN Wer unter schwachen Nerven, Furcht vor Dunkelheit oder Platzangst leidet ist hier weniger gut aufgehoben – doch diese Besuchergr­uppe dringt mutig durch die Falkenstei­ner Höhle.
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FOTO: MICHAEL SCHMITT / DPA-TMN Wasserkont­akt ist garantiert in der Falkenstei­ner Höhle – spektakulä­re Ausblicke sind es dafür ebenso.
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FOTO: BRIGITTE GEISELHART / DPA-TMN Mit dem Mountainbi­ke auf dem Schlepplif­t nach oben – das ist fast schon schwierige­r als die Abfahrt.

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