Datenschutzbedenken bei Selbsttests
Landesbeauftragter schreibt Schulleitern und legt sich mit Regierung an. Für Bildungsministerium geht Infektionsschutz vor
Erfurt. Thüringens Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLFDI), Lutz Hasse, mahnt, bei den Coronaschnelltests an Schulen die rechtlichen Vorgaben einzuhalten und legt sich mit Bildungsminister Helmut Holter (Linke) an. „Sensible Gesundheitsdaten unterliegen nach Artikel 9 Datenschutzgrundverordnung einem erhöhten Schutz, zumal solche von Kindern. Dem TLFDI liegen hierzu zahlreiche Eingaben von besorgten Eltern vor“, heißt es in einem Schreiben von Hasses Behörde vom 13. April an die Schulleiter, das dieser Zeitung vorliegt. Das Ministerium habe den Datenschützer nicht eingebunden, sodass datenschutzrechtliche Hinweise zur Verarbeitung nach derzeitiger Kenntnis nicht erfolgt seien.
Es sei darauf zu achten, so Hasse, dass nur „befugtes Personal“Testergebnisse von Schülern zur Kenntnis nehme. Eine Identifizierbarkeit positiv Getesteter, beispielsweise durch eine offenkundige Separierung auf dem Schulhof oder im Klassenraum, sollte vermieden werden“. Ausschließlich die Schulleitung, das Gesundheitsamt und die Eltern des Schülers sollten über das Testergebnis informiert werden.
In der Realität ist das alles zurzeit kaum umsetzbar, da die Selbsttests, wie vom Ministerium angewiesen,
„in der ersten Unterrichtsstunde im Klassenraum“stattfinden. Dort ist es unvermeidbar, dass die Schüler von den Testergebnissen der Klassenkameraden erfahren. „Ich kann entweder die Vorgaben von Herrn Hasse einhalten oder die von Herrn Holter. Klare Handlungsanweisungen sind das nicht “, ärgert sich der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes (TLV), Rolf Busch.
Ein Sprecher des Bildungsministeriums sagt dieser Zeitung: „Der mit uns nicht abgestimmte Brief von Herrn Hasse sorgt einmal mehr für zusätzliche Unruhe. Es geht hier um die Bekämpfung einer Pandemie. Der Datenschutz muss in diesem Fall hinter dem Infektionsschutzaspekt hintenanstehen.“
Cdu-fraktionsvize Christian Tischner sieht das ähnlich: „Die Bewältigung der Pandemie und die Sicherung von Bildung darf nicht länger behindert werden. Der Ministerpräsident muss endlich ein Machtwort sprechen. Wir brauchen Macher und keine Verhinderer.“
„Dieses permanente Improvisieren und Vorschriften, die sich alle drei Tage ändern: Das funktioniert nicht lange“, kritisiert TLV-CHEF Busch.
Der Datenschutzbeauftragte betont indes, es gehe ihm mit seinen Hinweisen darum, das Recht der Schüler auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren. Die Testergebnisse und die personenbezogenen Daten seien datenschutzgerecht zu speichern – sofern eine Speicherung erforderlich ist. Dies gelte sowohl analog als auch digital.