Corona drückt Ausbildungsmarkt auf historisches Tief
Der Handwerksverband zeigt sich alarmiert und warnt vor dramatischen Folgen. Bund stellt 700 Millionen Euro bereit
Wiesbaden /Erfurt. Die Krise auf dem Ausbildungsmarkt hat sich während der Corona-pandemie noch verschärft. Schon in den vergangenen Jahren war die Zahl der jungen Menschen, die eine Lehre anfingen, in der Tendenz immer weiter gesunken. Doch im Corona-jahr 2020 brachen die Zahlen ein.
Seit Mittwoch ist amtlich, was schon länger absehbar war: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gefallen. Nur noch 465.200 Menschen begannen vergangenes Jahr eine Lehre, wie aus vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Das bedeutet ein Minus von 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Selbst in Zeiten der Finanzkrise gab es keinen so starken Einbruch.
In Industrie und Handel ging die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge gar um 11,9 Prozent zurück. Im Handwerk betrug das Minus immerhin noch 6,6 Prozent. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) betraf der Rückgang hier insbesondere Friseure, Fotografen, Maßschneider oder Kosmetiker – also Bereiche, die besonders unter Corona leiden. Das Bauhauptgewerbe, das bislang vergleichsweise gut durch die Krise kam, habe hingegen sogar Zuwächse verzeichnet, heißt es.
Der Handwerksverband zeigt sich angesichts der Zahlen alarmiert. „Azubis, die jetzt nicht ausgebildet werden, fehlen in der Zukunft als Fachkräfte“, so Zdh-präsident Hans Peter Wollseifer. Seine Befürchtung: Ähnlich wie in der Finanzkrise
könnte Corona den Sockel an Azubis langfristig verringern.
Auch die Firmen sind beim Anbieten neuer Ausbildungsplätze zurückhaltend. Einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zufolge könnte in diesem Jahr jeder zehnte ausbildungsberechtigte Betrieb weniger Lehrstellen anbieten als im Vorjahr. Die Bundesregierung will gegensteuern und stellt bis 2022 bis zu 700 Millionen Euro für die Sicherung von Ausbildungsplätzen zur Verfügung.