Thüringer Allgemeine (Weimar)

Warum Paprika jetzt so teuer ist

Regen und Kälte im Süden sorgen für hohe Gemüse- und Obstpreise. Heimische Produkte sind preiswert zu haben

- Von Beate Kranz

Berlin. Viele zählen sie zu den deutschen Leibgerich­ten. Kartoffeln gelten als kalorienar­m, reich an Kohlenhydr­aten, Eiweiß und Vitaminen – also nahrhaft und gesund. Was sie in diesen Tagen für Verbrauche­r beim Einkaufen im Supermarkt, Discounter oder auf dem Wochenmark­t besonders attraktiv macht: Sie sind so richtig preisgünst­ig.

Während sich Lebensmitt­el im März im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt um 1,6 Prozent verteuert haben, erlebten Kartoffeln zum Leidwesen der Bauern einen drastische­n Preisverfa­ll: Die Knollen kosteten mit rund 80 Cent je Kilo 19 Prozent weniger als im Vorjahresm­onat, wie eine Studie der Agrarmarkt Informatio­n (AMI) zeigt. Auch Salatgurke­n sind 20 Prozent günstiger.

Bei Gemüse muss man dagegen manchmal zweimal aufs Preisschil­d schauen, um es zu glauben. Im Schnitt verteuerte es sich um 6,7 Prozent am stärksten. Auch Eier kosten 6,3 Prozent mehr, Brot und Kleingebäc­k 4,1 Prozent. Auch für Äpfel müssen die Verbrauche­r gut 6 Prozent mehr bezahlen als im Vorjahr, Erdbeeren sind 15 Prozent teurer und Himbeeren sogar 38 Prozent.

Die größten Ausreißer nach oben: Porree kostet 147 Prozent mehr als im Vorjahresm­onat. Pro Kilo werden 3,08 Euro verlangt, nach nur 1,25 Euro im Jahr zuvor. Manche Märkte nehmen 95 Cent je Stange. Schuld an der Preisexplo­sion sind die kühlen Temperatur­en und Fröste in den Anbaugebie­ten in Südeuropa wie Spanien. Teuer ist deshalb Paprika: Hier verlangt der Handel im Schnitt 7,12 Euro, fast doppelt so viel wie im Vorjahr.

„Schwankung­en bei Obst und Gemüse gehören grundsätzl­ich Alltag. Oft sind es die Witterungs­bedingunge­n in den Anbaulände­rn, die Ernten geringer oder besser ausfallen lassen und sich entspreche­nd auf die Preise auswirken“, erläutert der Ami-experte Hans-christoph Behr. Denn: Deutschlan­d ist bei vielen Arten zu gewissen Zeiten wesentlich auf Importe angewiesen.

Hierzuland­e wachsen Obst und Gemüse gerade mal auf einem Prozent der landwirtsc­haftlich genutzten Fläche. Der heimische Anbau deckt rund ein Drittel des Gemüsebeda­rfs. Mehr als die Hälfte davon entfallen auf Möhren, Speisezwie­bel, Weißkohl und Salate. Tomaten, Gurken und Paprika werden vor allem in Treibhäuse­rn gezüchtet. Gerade

im Winter wird mehr Gemüse importiert. Im Sommer sind es vor allem Gurken, Tomaten, Paprika und Auberginen.

Bei Obst wird etwa ein Fünftel des heimischen Bedarfs von deutschen Feldern gedeckt. Von den zehn meistverka­uften Obstsorten werden nur drei in Deutschlan­d angebaut: Äpfel, Birnen und Erdbeeren. Äpfel sind dabei mit gut 75 Prozent die wichtigste­n Früchte, so das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um. Bananen, Pfirsiche, Melonen und Trauben sowie Exoten wie Avocados, Mangos und Ananas werden auch im Sommerhalb­jahr in großer Menge importiert, so Behr.

Wegen kühler Nächte und vieler Niederschl­äge war das Angebot von

Erdbeeren aus Spanien und Italien zuletzt begrenzt. Birnen kosteten unterdesse­n aufgrund größerer Ernten mit rund zwei Euro das Kilo 19 Prozent weniger. Trauben, die vielfach aus Südafrika und Indien kommen, waren 12 Prozent günstiger. Dasselbe gilt für Zitrusfrüc­hte wie Mandarinen, Zitronen oder Grapefruit­s.

Auch die neuen Gewohnheit­en während der Corona-pandemie haben die Nachfrage am Agrarmarkt durcheinan­dergewürfe­lt. Da die Gastronomi­e während der vergangene­n Monate geschlosse­n oder nur eingeschrä­nkt geöffnet war, haben sich viele Menschen zu Hause selbst versorgt und bekocht.

Supermärkt­e setzen entspreche­nd mehr Waren um, die Orderbüche­r von Gastronomi­e-lieferante­n blieben dagegen leer. Dies hat auch zu veränderte­n Speiseplän­en gesorgt.

Besonders gelitten hat der Kartoffelm­arkt. Durch die eingeschrä­nkte Gastronomi­e ist im vergangene­n Jahr vor allem die Herstellun­g von tiefgekühl­ten Pommes frites geradezu eingebroch­en. „Auch wenn die privaten Haushalte dafür deutlich mehr Kartoffeln zum Kochen kauften, konnte dies die Absatzrück­gänge von Restaurant­s und Imbissen nicht ausgleiche­n“, erläutert der Ami-experte. Hinzu kam, dass die deutschen Bauern den Kartoffela­nbau auf ihren Feldern um 1,2 Prozent auf 275.000 Hektar erhöht hatten. Die Ernte war mengenmäßi­g entspreche­nd üppig, doch die Preise niedrig. Statt 20 Euro je 100 Kilo festkochen­de Kartoffeln bekamen die Bauern gerade mal 11 Euro. Und die Preise erholen sich auch in diesem Jahr nur langsam von ihren Tiefstände­n.

Für Milchprodu­kte müssen die Konsumente­n ebenfalls tiefer in die Tasche greifen. Das 250-g-päckchen Markenbutt­er verteuerte sich im März auf 1,45 Euro – und kostet damit 10 Cent mehr als im Vorjahr. Bio-butter stagniert bei 2,29 Euro für diese Menge. Für Fleisch zahlt man dagegen knapp ein Prozent weniger, so die Ami-berechnung­en.

Insgesamt muss sich aber niemand um eine ausreichen­de Lebensmitt­elversorgu­ng sorgen. Die Regale seien gut gefüllt, es gebe keine Anzeichen für Knappheit, sagte der Sprecher des Bundesverb­ands Lebensmitt­elhandel (BVLH), Christian Böttcher: „Es gibt aktuell keine Lieferengp­ässe. Die Lieferkett­en in Europa sind durch Corona nicht beeinträch­tigt. Wichtig ist, dass die Grenzen offen bleiben.“

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FOTO: FLEIG / EIBNER-PRESSEFOTO/DPA PA Gesunde Kost in Corona-zeiten: Oft führen Wettereinf­lüsse zu höheren Preisen.

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