„Bauhaus und Natur. Feininger mit dem Rad unterwegs“
Die Klassik-stiftung muss die Eröffnung ihrer Sonderschau „Natur-notizen“verschieben
Weimar. Noch knapp zwei Jahrzehnte nach seiner Rückkehr nach New York hat Lyonel Feininger (1871 bis 1956) auf Motive aus dem Weimarer Land zurückgegriffen. Ein Jahr vor seinem Tod entstand das Aquarell „Mellingen“. Auch dieses ist in der von Ute Ackermann kuratierten kleinen, aber feinen Ausstellung „Bauhaus und Natur. Lyonel Feininger mit dem Rad unterwegs“im dritten Obergeschoss des Bauhausmuseums zu bewundern, welche die Klassik-stiftung dem Bauhausmeister zum 150. Geburtstag mit Werken aus dem eigenen Bestand widmet.
Feininger ist im Weimarer Land gegenwärtig
Das Weimarer Land hat Feininger nie losgelassen. Bis ins hohe Alter griff er auf die dort gesammelten Skizzen und Impressionen zurück. Drei Fahrräder auf einem flachen Podest markieren die Mitte der Präsentation. Die Installation unter anderem mit einem Rennrad Marke Eigenbau aus historischen Einzelteilen (um 1950) bringt Feininger als begeisterten Fahrradfahrer in Erinnerung, der sich seine Motive im Weimarer Land auf Radtouren erschloss. Wohin ihn seine ausgedehnten Exkursionen führten, zeigen 30 Werke – Kreidezeichnungen ebenso wie Holzschnitte, ein Aquarell und Radierungen.
Noch ist das Bauhausmuseum wegen der Pandemie geschlossen. Noch ist die Exposition ebenso wie die sechs weiteren pünktlich zum Eröffnungswochenende des Themenjahres „Neue Natur“der Klassik Stiftung fertig gestellten Präsentationen nicht zu besichtigen. Wenn Feiningers „Natur-notizen“dann endlich gezeigt werden können, werden Kunstfreunde in der Exposition auch das dreiminütige Video „Frohlockend zog ich hinaus auf dem Rad (...) auf Abenteuer“von Johannes Romeyke und Matthias Seifert sowie Fotografien von Thomas Wetzel entdecken.
Der Weimarer Fotograf machte sich auf eine ungewöhnliche Spurensuche. Wie viel Feininger findet sich gegenwärtig noch im Weimarer Land? Um es vorwegzunehmen: Thomas Wetzel war überrascht, wie stark Lyonel Feininger bei den Bürgern präsent ist. Er machte Bekanntschaft mit Bürgern, für die Kunstdrucke von Feininger-werken selbstverständlicher Wandschmuck sind.
Ohne vorab bestimmte Ziele ins Auge zu fassen, steuerte der Weimarer
Fotograf jene Orte an, wo Feininger seinerzeit gezeichnet hat. Mellingen zum Beispiel.
Dort lernte er einen Bürger kennen, der wie einst Feininger Schiffsmodelle baut. Thomas Wetzel hielt verschachtelte Strukturen im Bild fest wie einst Feininger in seinen Zeichnungen. In Gelmeroda entdeckte der Fotograf nicht nur den Nachbau der Feiningerkirche en miniature, sondern auch eine Giebelwand, deren geometrische Gestaltung aus vielen farblich voneinander abgesetzten kleinen Quadraten besteht.
Thomas Wetzel war erstaunt, dass so viele Menschen etwas mit dem Namen Feininger anfangen können und eine „ganz nahbare Sicht auf Feininger“entwickelten.
Sein Fazit: „Feininger hat wirklich Spuren hinterlassen, nicht nur im Kontext der Kulturseiten.“
Eine Vitrine zeigt drei kleine Holzschnitte, die 1938 beschlagnahmt wurden und einst in der Ausstellung „Entartete Kunst“zu sehen waren. Zur Ausstellung ist ein kleines Begleitbuch erschien, „kein Katalog“, macht Ute Ackermann deutlich. Zuletzt waren Feiningers „Natur-notizen“, die er allesamt gelocht und sorgfältig abgeheftet hatte, 2006 in einer Ausstellung in Weimar zu sehen. Die neue Ausstellung stellt seine vor Ort gezeichneten Eindrücke in einen größeren Zusammenhang.
Die Wiederentdeckung lohnt, – wann auch immer sie pandemiebedingt möglich sein wird.