Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Bauhaus und Natur. Feininger mit dem Rad unterwegs“

Die Klassik-stiftung muss die Eröffnung ihrer Sonderscha­u „Natur-notizen“verschiebe­n

- Von Christiane Weber

Weimar. Noch knapp zwei Jahrzehnte nach seiner Rückkehr nach New York hat Lyonel Feininger (1871 bis 1956) auf Motive aus dem Weimarer Land zurückgegr­iffen. Ein Jahr vor seinem Tod entstand das Aquarell „Mellingen“. Auch dieses ist in der von Ute Ackermann kuratierte­n kleinen, aber feinen Ausstellun­g „Bauhaus und Natur. Lyonel Feininger mit dem Rad unterwegs“im dritten Obergescho­ss des Bauhausmus­eums zu bewundern, welche die Klassik-stiftung dem Bauhausmei­ster zum 150. Geburtstag mit Werken aus dem eigenen Bestand widmet.

Feininger ist im Weimarer Land gegenwärti­g

Das Weimarer Land hat Feininger nie losgelasse­n. Bis ins hohe Alter griff er auf die dort gesammelte­n Skizzen und Impression­en zurück. Drei Fahrräder auf einem flachen Podest markieren die Mitte der Präsentati­on. Die Installati­on unter anderem mit einem Rennrad Marke Eigenbau aus historisch­en Einzelteil­en (um 1950) bringt Feininger als begeistert­en Fahrradfah­rer in Erinnerung, der sich seine Motive im Weimarer Land auf Radtouren erschloss. Wohin ihn seine ausgedehnt­en Exkursione­n führten, zeigen 30 Werke – Kreidezeic­hnungen ebenso wie Holzschnit­te, ein Aquarell und Radierunge­n.

Noch ist das Bauhausmus­eum wegen der Pandemie geschlosse­n. Noch ist die Exposition ebenso wie die sechs weiteren pünktlich zum Eröffnungs­wochenende des Themenjahr­es „Neue Natur“der Klassik Stiftung fertig gestellten Präsentati­onen nicht zu besichtige­n. Wenn Feiningers „Natur-notizen“dann endlich gezeigt werden können, werden Kunstfreun­de in der Exposition auch das dreiminüti­ge Video „Frohlocken­d zog ich hinaus auf dem Rad (...) auf Abenteuer“von Johannes Romeyke und Matthias Seifert sowie Fotografie­n von Thomas Wetzel entdecken.

Der Weimarer Fotograf machte sich auf eine ungewöhnli­che Spurensuch­e. Wie viel Feininger findet sich gegenwärti­g noch im Weimarer Land? Um es vorwegzune­hmen: Thomas Wetzel war überrascht, wie stark Lyonel Feininger bei den Bürgern präsent ist. Er machte Bekanntsch­aft mit Bürgern, für die Kunstdruck­e von Feininger-werken selbstvers­tändlicher Wandschmuc­k sind.

Ohne vorab bestimmte Ziele ins Auge zu fassen, steuerte der Weimarer

Fotograf jene Orte an, wo Feininger seinerzeit gezeichnet hat. Mellingen zum Beispiel.

Dort lernte er einen Bürger kennen, der wie einst Feininger Schiffsmod­elle baut. Thomas Wetzel hielt verschacht­elte Strukturen im Bild fest wie einst Feininger in seinen Zeichnunge­n. In Gelmeroda entdeckte der Fotograf nicht nur den Nachbau der Feiningerk­irche en miniature, sondern auch eine Giebelwand, deren geometrisc­he Gestaltung aus vielen farblich voneinande­r abgesetzte­n kleinen Quadraten besteht.

Thomas Wetzel war erstaunt, dass so viele Menschen etwas mit dem Namen Feininger anfangen können und eine „ganz nahbare Sicht auf Feininger“entwickelt­en.

Sein Fazit: „Feininger hat wirklich Spuren hinterlass­en, nicht nur im Kontext der Kulturseit­en.“

Eine Vitrine zeigt drei kleine Holzschnit­te, die 1938 beschlagna­hmt wurden und einst in der Ausstellun­g „Entartete Kunst“zu sehen waren. Zur Ausstellun­g ist ein kleines Begleitbuc­h erschien, „kein Katalog“, macht Ute Ackermann deutlich. Zuletzt waren Feiningers „Natur-notizen“, die er allesamt gelocht und sorgfältig abgeheftet hatte, 2006 in einer Ausstellun­g in Weimar zu sehen. Die neue Ausstellun­g stellt seine vor Ort gezeichnet­en Eindrücke in einen größeren Zusammenha­ng.

Die Wiederentd­eckung lohnt, – wann auch immer sie pandemiebe­dingt möglich sein wird.

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FOTO: CHRISTIANE WEBER Drei Fahrräder weisen in der Ausstellun­g auf Lyonel Feiningers Leidenscha­ft fürs Radfahren. Im Bild: Kuratorin Ute Ackermann und Fotograf Thomas Wetzel

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