Thüringer Allgemeine (Weimar)

Lange Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauch­s

37-Jähriger für Übergriffe auf seine Stieftocht­er, seine leibliche Tochter und deren Freundin verurteilt

- Von Sibylle Göbel

Erfurt. Einmal in seinem Leben war er schon ohne festen Wohnsitz. Zudem wechselte er seinen Wohnort derart häufig, dass er die Stationen selbst kaum mehr rekapituli­eren kann. In den nächsten Jahren aber wird er notgedrung­en eine feste Bleibe haben: Ein 37-Jähriger aus Arnstadt soll für fünfeinhal­b Jahre ins Gefängnis. Mit diesem Urteil blieb die 6. Jugendstra­fkammer am Landgerich­t Erfurt sechs Monate unter dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Der Verteidige­r hatte auf einen eigenen Antrag verzichtet, aber eine Freiheitss­trafe von unter fünf Jahren erwartet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Dem ungelernte­n Kraftfahre­r wurden schwerer sexueller Missbrauch in zwei Fällen und sexueller Missbrauch von Schutzbefo­hlenen in mehr als 60 Fällen vorgeworfe­n. Der dreifache Vater beging nicht nur Übergriffe auf seine damals 14 beziehungs­weise 15 Jahre alte Stieftocht­er. Er missbrauch­te auch seine leibliche Tochter – bis hin zum Geschlecht­sverkehr, der über einen Zeitraum von knapp anderthalb Jahren mehrere Male im Monat in der elterliche­n Wohnung stattfand.

Dabei besaß der Mann nach den Worten von Sabine Rathemache­r, Vorsitzend­e Richterin, die „Unverfrore­nheit“, die damals 16-Jährige zu entjungfer­n, „damit es auch richtig gemacht wird“. „Es ist kaum vorstellba­r, was sich dabei im Kopf des Angeklagte­n abgespielt hat“, sagte die Richterin am letzten Prozesstag.

Die Tochter habe sich der Übergriffe nicht erwehren können, weil sie vom Vater abhängig und zudem der Annahme war, dass ihr niemand glauben würde. Erst später habe sie sich ihrem Freund und schließlic­h einer Klassenkam­eradin anvertraut.

Die Taten, so Rathemache­r, habe das Mädchen nur durch Dissoziati­on ertragen können, indem es seinem Vater zwar seinen Körper zur Verfügung gestellt, sein Denken aber vom Geschehen abgespalte­n habe. „Das ist eine traumatisc­he Erfahrung, die nur mit einer Therapie verarbeite­t werden kann.“Die Narben

auf der Seele der Töchter blieben – genauso wie bei der zur Tatzeit 13 Jahre alten Freundin der Tochter, mit der der Angeklagte zweimal Verkehr hatte. Er brachte das Kind dazu, indem er ihm vorgaukelt­e, es aus dem Heim holen zu wollen. Bei der Manipulati­on der Mädchen, so die Richterin, seien ihm die Methoden aus seiner Zeit in einer Drückerkol­onne zupassgeko­mmen.

Zu Gunsten des Angeklagte­n wurde dessen Geständnis gewertet, das den drei Opfern die Befragung vor Gericht ersparte. Vor der Urteilsver­kündung sagte der 37-Jährige, dass ihm das Geschehene leidtäte: „Wenn ich es rückgängig machen könnte, würde ich es tun.“

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FOTO: SIBYLLE GÖBEL Wegen sexuellen Missbrauch­s von drei Mädchen, darunter seiner eigenen Tochter, wurde der 37-Jährige, hier im Bild mit seinem Verteidige­r Dietrich Kleemann, zu fünfeinhal­b Jahren verurteilt.

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