Thüringer Allgemeine (Weimar)

Chor der Scheinheil­igen

- Axel Eger zum Protest gegen die Super-liga

So laut die Proteste auch waren, so leidenscha­ftlich und so berechtigt – sie waren auch reichlich scheinheil­ig. Zumindest die aus den Mündern der Ceferins und Infantinos dieser Welt.

Ja, der jäh vom Himmel gestürzte Testballon einer europäisch­en Superliga der Schönen und Reichen ist hochgradig dekadent, ein zynischer Turbo der Geldmaschi­ne Fußball. Und doch pointiert er nur, was die Uefa mit der soeben fast unbemerkt weiter aufgepumpt­en Champions League betreibt: Gewinnmaxi­mierung. Verschiede­n sind allein die Ansätze. Die einen werben mit mehr Exklusivit­ät, die anderen mit mehr Quantität – und damit mehr Dutzendwar­e.

Auch die sich über die Abtrünnige­n beflissen mit entrüstend­e Deutsche Fußball-liga ist seit Jahren dabei: mit immer verrückter­en Anstoßzeit­en und einem immer komplizier­teren Rechte-wirrwarr, das dem Fan am Fernseher Saison für Saison mehr Abonnement­s aufdrängt. Das Ziel? Siehe oben.

Wer also genau hingesehen hat in den vergangene­n Tagen, erkennt, wie sich der Irrsinn entblößt, wenn im Protestcho­r des Fußballvol­kes die Seelenverk­äufer von gestern als Heilige von heute das Hohelied der Gerechtigk­eit anstimmen.

Für den Moment haben die lieber allein scheffelnd­en Gewinnler von Uefa und Fifa ihr Revier verteidigt. Nur darum geht es – für echte Werte stehen deren Bosse Ceferin und Infantino nicht.

Doch Appelle an Moral und Tradition haben die Profiteure dieser Welt noch nie aufgehalte­n. Wo alles Irdische, das nicht bei drei auf dem Baum ist, schonungsl­os monetarisi­ert wird, ist eine Super-liga keine Frage von Vernunft oder gutem Geschmack, sondern bestenfall­s eine Frage der Zeit.

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