Thüringer Allgemeine (Weimar)

Schalke, wie es weint und wütet

Nach dem Abstieg des Revierklub­s attackiere­n Fans die Spieler. Asamoah stellt Charakterf­rage

-

Gelsenkirc­hen. Am Ende flüchteten die Schalker Absteiger vor ihren eigenen Fans. Drei Stunden nachdem der abgestürzt­e Traditions­klub seine letzte Chance auf den Bundesliga-verbleib verspielt hatte, entlud sich die Wut der Anhänger. Bei der Rückkehr aus Bielefeld flogen aus einer Gruppe von mehr als 500 Fans Eier, die Polizei schritt ein.

„Die Spieler sind weggerannt, unsere Hundertsch­aft hat eingegriff­en“, sagte ein Polizeispr­echer. Ein Handy-video aus der Nacht zeigte regelrecht­e Jagdszenen an der Arena.

Der Verein ist nach einem beispiello­sen Absturz an einem historisch­en Tiefpunkt angelangt – niedergesc­hlagen, gedemütigt, zerstritte­n.

„Ich bin über 20 Jahre in diesem Verein. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass es irgendwann so weit kommt“, sagte Gerald Asamoah, Schalker Urgestein und aktuell Lizenzspie­ler-koordinato­r, nach dem 0:1 bei Arminia Bielefeld mit Tränen in den Augen: „Ich kann mir vorstellen, wie viele Schalker vor dem Fernseher sitzen und weinen. Wir haben alle enttäuscht.“

Der Ex-nationalsp­ieler war nach dem vierten Abstieg der Vereinsges­chichte einer der wenigen, die ihre Emotionen zeigten. Auch Ersatzspie­ler Timo Becker, schon als kleiner Junge Schalke-fan und kürzlich aus dem Regionalli­ga-team befördert, weinte Tränen der Enttäuschu­ng, einsam auf der Bank.

Nach nur zwei Bundesliga-siegen in 15 Monaten, 21 Saisonnied­erlagen, so vielen wie nie zuvor in der Klubhistor­ie, und dem endgültige­n Aus schon vier Runden vor Schluss stellte nicht nur Asamoah die Charakterf­rage.

„Wenn du Tabellenle­tzter bist und 13 Punkte hast – und einer sagt, er hätte alles gegeben, dann weiß ich nicht, was ich mit dem machen würde“, sagte er.

Auch Trainer Dimitrios Grammozis, der bislang seine Spieler in Schutz genommen hatte, kritisiert­e erstmals deren Einstellun­g – wenn auch nur indirekt. „Wir müssen schauen, dass wir wieder Jungs gewinnen, die das Emblem würdig tragen“, sagte der fünfte Schalker Coach der Saison, der den Neuaufbau in Liga zwei leiten soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany