Doch nicht Ministerin
Wie Katrin Göring-eckardt ganz knapp den Einzug ins Bundeskabinett verpasste
Erfurt/berlin. Lange schien sie für die neue Bundesregierung gesetzt. Doch am späten Donnerstagabend, nach einem letzten, äußerst hart geführten parteiinternen Kampf, stand überraschend fest: Katrin Göring-eckardt wird nicht Ministerin. Stattdessen soll sie offenbar mit einem Repräsentativposten vorliebnehmen, den sie schon gut kennt: Vizepräsidentin des Bundestags.
Damit bleibt der Frau, die 1966 in Friedrichroda geboren wurde, der letzte Karriereschritt verwehrt. Gleichwohl ist es beachtlich, wie lange sie sich mit taktischem Geschick, Netzwerkarbeit und inhaltlicher Flexibilität an der Spitze hielt – und auch im neuen alten Amt irgendwie weiter halten dürfte.
Nach dem abgebrochenen Theologiestudium war Göring-eckardt über die Bürgerbewegung in den frühen 1990er-jahren zu den Grünen gekommen. Nach Jahren der Funktionärstätigkeit in der Landespartei und der Mitarbeit für Landtagsund Bundestagsfraktion zog sie 1998 ins nationale Parlament ein, um dort schnell steil aufzusteigen.
Schon 2002 war sie Chefin der Regierungsfraktion. Als sie 2005, mit dem Ende von Rot-grün, von Ex-ministerin Renate Künast von der Fraktionsspitze verdrängt wurde, blieb ihr das Amt der Bundestagsvizepräsidentin, das sie zwei Wahlperioden lang ausfüllte. Nebenher trieb sie ihre Zweitkarriere in der Evangelischen Kirche Deutschlands voran und wurde schließlich Präses der Synode.
2012 griff sie in der Partei wieder an. Entgegen allen Vorhersagen gewann sie den Kampf um die weibliche Spitzenkandidatur gegen Künast und Claudia Roth. Zwar ging die Bundestagswahl 2013 für die Grünen verloren, aber Göringeckardt schaffte es, sich als Fraktionschefin
durchzusetzen. Zur Wahl 2017 war sie dann sogar als Spitzenkandidatin unangefochten. Obwohl das Resultat wieder mäßig ausfiel und die Jamaika-verhandlungen scheiterten, konnte sie sich im Gegensatz zu ihrem Co-spitzenkandidaten Cem Özdemir auf ihrem Posten behaupten.
Danach ordnete sie sich unter den neuen Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock ein, äußerte sich immer häufiger zu Familienthemen, um dann in den Koalitionsverhandlungen die Führung der entsprechenden Arbeitsgruppe zu übernehmen.
Auch wenn ihr zuletzt der Stockfehler unterlief, zu früh eine Einigung beim Thema Impfpflicht zu vermelden: Ihre Ausgangsposition war strategisch perfekt gewählt, sie stand bei allen Wichtigen in der Berliner Blase auf der Kabinettsliste.
Dann begann die finale Personalschlacht, die bei den Grünen besonders viele starre Quoten kennt: Geschlecht, Lager, Ost-west, unter anderem. Und auf einmal sah es für Göring-eckardt nicht mehr so gut aus.
Einerseits drängte Cem Özdemir, der wie sie dem sogenannten Realoflügel angehört, mit Macht und Migrationshintergrund ins Kabinett. Andererseits wollten die Parteilinken dafür eine Kompensation, weshalb nun die in Berlin eher unbekannte Landespolitikerin Anne Spiegel Familienministerin wird.
„Sehr schade“sei das alles, sagt Ann-sophie Bohm, die Thüringer
Grünen-chefin. Die Landespartei habe natürlich auf die Berufung von Göring-eckardt gehofft, „das Ergebnis hat uns deshalb wirklich enttäuscht“.
Allerdings, das fügt sie hinzu: Insgesamt sei das Personaltableau gut. Was man halt so sagt.
Ein echtes Aber: Das muss es trotzdem nicht für Thüringen gewesen sein. Carsten Schneider, als Parlamentarischer Geschäftsführer die Nummer 2 in der Spd-bundestagsfraktion, wird als Staatsminister im Kanzleramt oder gar, was aber wirklich nicht zu ernst genommen werden sollte, Verteidigungsminister gehandelt.
Dazu sagt der Mann, der 1976 in Erfurt geboren wurde, bislang natürlich: nichts.