Jede zweite Feier abgesagt
Thüringer Hoteliers und Wirte beklagen Stornierungswelle
Erfurt. Die Angst vor der laufenden Coronawelle trifft die Gaststätten und Hotels in Thüringen erneut mit Wucht und mit erheblichen Umsatzeinbrüchen.
Nahezu jede zweite Weihnachtsfeier in den Restaurants sei inzwischen bereits abgesagt worden, berichtete Dirk Ellinger, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Thüringen gestern in Erfurt. „Viele Unternehmer hinterfragen derzeit, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, die Türen der Betriebe offen zu halten“, berichtete Ellinger von drastisch eingebrochenen Umsätzen und geringen Auslastungsquoten von Herbergen und Hotels. Die lägen teilweise nur noch bei 22 Prozent.
Bei einer derart geringen Auslastungsquote sei man „betriebswirtschaftlich tot“, erklärte der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Erfurt Olaf Seibicke. Eigentlich lebe die Branche von der Leichtigkeit und der Planungssicherheit. Doch von beiden könne derzeit keine Rede sein, beklagte Seibicke, der auch Direktor des Hotels „Der Lindenhof“in Gotha ist. Er forderte eine „Charmeoffensive des Ministerpräsidenten für die touristischen Vorzüge Thüringens“.
Schließlich hänge auch der örtliche Handel eng mit der Belegung von Hotels zusammen. Um so bedauerlicher seien die erneuten Einschnitte gerade im Weihnachtsgeschäft. Seibicke bedauert, dass die Angestellten erneut auf das Trinkgeld verzichten müssten, das in der Branche wichtig sei. Er forderte die Unternehmer dazu auf, in der Krise und einer möglichen Kurzarbeit die Mitarbeiter weiterzubilden, denn die seien unerlässlich für die Qualität in der Branche.
Bei einer Umfrage zur Lage der Branche im Sommer habe noch der Optimismus dominiert, so Peggy Lindner von der IHK Erfurt. Inzwischen habe sich die Stimmung aber erheblich eingetrübt.
Er gehe davon aus, dass die Branche noch ein bis zwei Jahre die Auswirkungen dieser Krise zu spüren bekomme, zeigte sich der Präsident des Dehoga Thüringen, Mark A. Kühnelt überzeugt. Dramatisch sei die aktuelle Entwicklung von vielen Häusern im nichtstädtischen Bereich,
etwa im Thüringer Wald, im Eichsfeld oder im Weimarer Land, erklärte Kühnelt.
Viele Mitarbeiter haben laut Dirk Ellinger in der seit 22 Monaten anhaltenden Krise bereits den Rücken gekehrt. Die Besetzung von ausgeschriebenen Ausbildungsplätze falle immer schwerer. „Von den 373 Azubis, die wir derzeit im Kompetenzzentrum des Verbandes in Erfurt ausbilden, stammt nur noch knapp ein Drittel aus Deutschland“, erläuterte Ellinger den Ansatz, junge Menschen aus dem Ausland für einen Beruf im Hotel- und
Gaststättengewerbe in Thüringen zu gewinnen und zu begeistern. An der Erfurter Berufsschule absolvieren nach seinen Angaben gegenwärtig junge Frauen und Männer aus 22 Nationen eine Lehre.
„Dabei dominieren die jungen Leute aus Vietnam, die mittlerweile mehr als die Hälfte der Auszubildenden bei uns ausmachen“, sagte Ellinger. Während die Betriebe über Monate geschlossen waren, habe man die praktische Ausbildung vor Ort weitergeführt und selbst Abschlussprüfungen unter Quarantänebedingungen ermöglicht.