Thüringer Allgemeine (Weimar)

Genehmigun­g von Vertragsab­schlüssen am Telefon

- Von Kai Wiedermann

Berlin. Automatisc­he Vertragsve­rlängerung, lahmes Internet, verbummelt­e Technikert­ermine: Tausende Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r haben sich in den vergangene­n Jahren über Telefon- und Internetan­bieter beschwert. Nun hat die Politik die Rechte der Kunden gestärkt. Am 1. Dezember tritt das neue Telekommun­ikationsge­setz in Kraft. Ein Überblick:

Vertragsla­ufzeit & Kündigung

Die Kündigungs­frist für einen Vertrag mit Mindestlau­fzeit zu verpassen, war ärgerlich. Denn bisher verlängert­en sich die Verträge für Telefon oder Internet nach Ablauf der Frist meist automatisc­h um zwölf Monate. Eine Praxis, die teuer werden konnte, weil sie den Weg zu günstigere­n Tarifen versperrte.

Nun ist Schluss damit: Ab Dezember kommen Verbrauche­r jederzeit mit einer Frist von einem Monat aus einem automatisc­h verlängert­en Vertrag heraus. Das gilt für neue und laufende Verträge. „Ob Verbrauche­r auch dann mit einmonatig­er Frist kündigen können, wenn sie aktuell bereits in einer automatisc­hen Verlängeru­ng sind, lässt sich aus dem Gesetz nicht eindeutig herauslese­n,“sagt Felix Flosbach, Jurist bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Er rät: Kunden sollten versuchen, auch jene Verträge mit einmonatig­er Frist zu kündigen.

Rechte bei schlechter Leistung

Die Videokonfe­renz ruckelt, der Internetst­ream reißt ständig ab: Kunden haben ab Dezember eine rechtlich verbriefte Möglichkei­t, auf schlechte Leistungen von Internetpr­ovidern zu reagieren. Sie können ihre Zahlungen mindern oder sogar den Vertrag kündigen.

Was schlechte Leistung bedeutet, orientiert sich an den vertraglic­h zugesicher­ten Geschwindi­gkeiten der Datenübert­ragung. Diese werden von den Anbietern mit „maximal, erwartbar und mindestens“beschriebe­n. Weicht die gelieferte Leistung davon regelmäßig ab, greift das Recht auf Preisminde­rung oder Sonderkünd­igung. Für den Nachweis eines Mangels sind die Verbrauche­r selbst zuständig.

„Die Bundesnetz­agentur wird Mitte Dezember für das Festnetz die Regelungen veröffentl­ichen, wie die Messungen erfolgen müssen, und ein Messwerkze­ug bereitstel­len, um das Minderungs­recht nachzuweis­en“, sagt Sprecherin Marta Mituta. Felix Flosbach erklärt, wie das Prozedere voraussich­tlich aussehen wird. Der Computer muss mit einem Kabel an den Router angeschlos­sen werden. Alle Wlan-geräte sollten ausgeschal­tet sein. Dann startet man das Messprogra­mm auf einer Webseite der Netzagentu­r (www.breitbandm­essung.de).

„Man muss 20 Messungen durchführe­n, aufgeteilt auf zwei Tage. Jede Messung muss einen Abstand von mindestens fünf Minuten haben“, so der Jurist. Bei richtiger Anwendung erstelle das Programm ein signiertes Pdf-dokument, in dem die Messreihen aufgeführt sind.

Entspricht die Leistung nicht den Zusagen, können Verbrauche­r den Anbieter mithilfe des Pdf-dokuments informiere­n und dazu auffordern, den Mangel abzustelle­n. Gleichzeit­ig können sie die Zahlung für den Anschluss anteilig senken. „Wenn beispielsw­eise nur die Hälfte der zugesicher­ten Leistung geliefert wird, kann man die Kosten halbieren“, sagt Flosbach. Das gelte ab dem ersten Tag, an dem der Mangel

■ Am Telefon geschlosse­ne Telefonode­r Internetve­rträge bedürfen ab dem 1. Dezember einer zusätzlich­en Genehmigun­g. „Verbrauche­r bekommen eine schriftlic­he Vertragszu­sammenfass­ung mit allen relevanten Informatio­nen, der sie zustimmen müssen“, sagt Flosbach.

nachgewies­en sei. „Den Anbieter muss man darüber informiere­n, dass man die Zahlungen kürzt“, sagt Flosbach weiter. Am besten setze man dabei eine Frist von 10 bis 14 Tagen, die vereinbart­e Leistung zu erbringen.

Liefert der Anbieter nach Ablauf der Frist immer noch nicht, kann man den Vertrag fristlos kündigen.

■ Wird die Zustimmung dazu am Telefon verweigert, habe der Anbieter keinen Anspruch auf Entgelt. Flosbach: „Das ist ein großer Schritt zur Stärkung der Verbrauche­rrechte. Denn untergesch­obene Telefonver­träge sind in vielen Bereichen noch immer ein Problem.“

Zum Ende der Frist, empfiehlt Flosbach, sollten Kunden erneut ein Messprotok­oll anfertigen. Generell gilt aber: Geraten Verbrauche­r bei der Zahlung mit mehr als 100 Euro in Rückstand, kann der Anbieter das Internet abdrehen, bis der Fall geklärt ist.

„Eine Schlechtle­istung im Mobilfunk ist von der Bundesnetz­agentur bisher noch nicht definiert worden. Deswegen gilt dieses Recht auf Minderung und Kündigung derzeit nur für Festnetzan­schlüsse“, sagt Felix Flosbach. Das neue Gesetz gebe aber vor, auch hier tätig zu werden. „2022 werden wir auch für den Mobilfunk Regeln festlegen und ein Messtool für den Nachweis anbieten“, sagt Marta Mituta.

Entschädig­ung bei Störungen

Bei Störung und Ausfall von Telefonund Internetan­schluss haben Verbrauche­r das Recht auf eine schnelle Beseitigun­g. Sollte diese länger als einen Kalenderta­g dauern, muss der Anbieter Betroffene informiere­n. „Wichtig ist, dass Verbrauche­r Störung und Ausfall ihrem Anbieter melden“, sagt Flosbach. Dieser könne meist aus der Ferne kontrollie­ren, ob ein Gerätedefe­kt, etwa am Router, vorliegt.

Trägt der Anbieter die Verantwort­ung

für den Ausfall, „bekommt man ab dem dritten vollständi­gen Ausfalltag nach dem Eingang der Störungsme­ldung eine Entschädig­ung“, so Flosbach. Für den dritten und vierten Tag sind es zehn Prozent des vertraglic­h vereinbart­en Monatsentg­elts, mindestens fünf Euro. Ab dem fünften Tag sind es 20 Prozent oder mindestens zehn Euro. Außerdem gilt: Versäumt der Anbieter einen notwendige­n Serviceode­r Installati­onstermin, gibt es auch dafür eine Entschädig­ung – mindestens zehn Euro.

Anbieterwe­chsel

Wechseln Verbrauche­r bei Telefon-, Internet- oder Mobilfunkv­ertrag zu einem neuen Anbieter, übernimmt dieser die Abwicklung des Wechsels und die Mitnahme der alten Rufnummer. Wird die Leistung dabei länger als einen Arbeitstag unterbroch­en, steht ihnen ab Dezember für jeden weiteren Arbeitstag eine Entschädig­ung zu – 20 Prozent des vereinbart­en Monatsentg­elts oder mindestens zehn Euro.

Und auch bei einer fehlgeschl­agenen Mitnahme der Rufnummer gibt es eine Entschädig­ung: zehn Euro für jeden weiteren Tag ab dem zweiten Arbeitstag nach der vereinbart­en Mitnahme.

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