Thüringer Allgemeine (Weimar)

Gericht fordert Mitglieder­liste

Vereinigun­g Waldorfpäd­agogik unterliegt erneut einem Vereinsmit­glied vor dem Weimarer Amtsgerich­t

- Von Jens Lehnert

Das Amtsgerich­t hat beim Ausschluss von Michael Hasenbeck aus der Vereinigun­g „Waldorfpäd­agogik Weimar“Formfehler erkannt und ihm die Mitgliedsc­haft wieder zugesproch­en. Ob ihm das die angestrebt­e Möglichkei­t eröffnet, an der weiteren Aufarbeitu­ng der Gewaltvorw­ürfe an der Oberweimar­er Schule aktiv mitzuwirke­n, ist allerdings ungewiss. Inzwischen hat der Vereinsvor­stand Hasenbeck erneut ausgeschlo­ssen und ihm diesmal rechtzeiti­g Gelegenhei­t zur Stellungna­hme gegeben. Am Dienstag, 30. November, hat die Mitglieder­versammlun­g der Vereinigun­g über den Rauswurf das letzte Wort.

Hasenbeck ist nicht der einzige, der mit der Vereinigun­g im Streit liegt. Auch andere Vereinsmit­glieder sind den Weg zum Amtsgerich­t gegangen. Wie Hasenbeck hatte sich zu Jahresbegi­nn Familie Großgott an den Vorstand gewandt, um eine Liste der Vereinsmit­glieder und ihrer Kontaktdat­en zu erhalten. Zu wissen, mit wem man im selben Verein ist, und die Möglichkei­t, sich mit anderen auszutausc­hen, sei schließlic­h als individuel­les Recht eines Vereinsmit­gliedes anerkannt. Der Vorstand kam der Bitte auch in diesem Falle nicht nach, worauf Peter Großgott im Sommer auf die Herausgabe klagte. Das Gericht setzte den ersten Verhandlun­gstermin für Dezember an.

Für den Kläger erwies sich dieser jedoch als zu spät, als er erfuhr, dass zur Mitglieder­versammlun­g Ende November auch eine Änderung der Vereinssat­zung zum Beschluss stehe. Demnach, so führte Rechtsanwa­lt Bert Hüttemann vor Gericht aus, stehe zu befürchten, dass damit die Rechte bestimmter Vereinsmit­glieder eingeschrä­nkt werden sollen. Um darüber vorab möglichst breit im Verein diskutiere­n zu können, benötigte Großgott die Mitglieder­liste noch vor dem 30. November – und beantragte bei Gericht eine einstweili­ge Verfügung.

Richterin Karin Reckert gab dem Kläger am Freitag Recht und forderte die Vereinigun­g auf, ihm eine Liste mit den Namen aller Vereinsmit­glieder und deren Adressen auszuhändi­gen. Alexander Suck, Anwalt des beklagten Vereins, hatte indes schon beim vorausgega­ngenen Termin am Mittwoch angekündig­t, gegen die mögliche Verfügung Berufung vor dem Landgerich­t einzulegen. Schließlic­h habe der Verein im Oktober im internen Bereich seiner Homepage eigens eine Plattform eingericht­et, über die die Mitglieder die Möglichkei­t haben, miteinande­r zu kommunizie­ren.

Der Anwalt der Gegenseite zweifelte jedoch an, dass der Chat gegenüber einer Mitglieder­liste gleichwert­ig sei. Schließlic­h, so Hüttemann, seien derzeit nur 17 der 199 Vereinsmit­glieder auf der Onlineplat­tform angemeldet. Die anderen erreiche man gar nicht darüber.

„Man muss damit leben, dass es Leute im Verein gibt, die sich in solche Diskussion­en nicht einbringen wollen“, betonte Suck. Seit zwei Jahren gebe es den Konflikt an der Schule. Der Trägervere­in habe eine sechsstell­ige Summe investiert, um die Vorwürfe aufzuarbei­ten. Alle Verfahren seien inzwischen strafrecht­lich überprüft und bis auf eines eingestell­t. Auch eine schulaufsi­chtliche Prüfung habe es gegeben. „Eine Gruppe von Eltern ehemaliger Schüler will den Kniefall des Kollegiums im Ganzen. Die Mehrheit der Vereinsmit­glieder möchte damit aber nicht belästigt werden“, so Suck. Ohne Zwangsvoll­streckung werde es deshalb keine Liste geben.

 ?? ARCHIV-FOTO: MICHAEL BAAR ?? Am Amtsgerich­t Weimar wurde erneut über die Herausgabe der Mitglieder­liste entschiede­n.
Weimar.
ARCHIV-FOTO: MICHAEL BAAR Am Amtsgerich­t Weimar wurde erneut über die Herausgabe der Mitglieder­liste entschiede­n. Weimar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany