Thüringer Allgemeine (Weimar)

Zuwendung für „Kunschtmey­er“, Schuchardt und Schöll nötig

Über gelungene und überfällig­e Instandset­zungen auf Weimars Friedhof (Teil 2)

- Von Rudolf Wendt

Weimar. Der Historisch­e Friedhof in Weimar verfügt über eine Reihe aktueller Beispiele gelungener Grabinstan­dsetzungen. Sechs wurden bereits in Teil 1 (20. November 2021) beschriebe­n.

Erwähnung müssen aber auch weitere Restaurier­ungen finden. Etwa die vor ihrer Fertigstel­lung stehende Grabanlage Genelli. Ihre Sanierung wurde von den Eheleuten Keiler veranlasst – unterstütz­t von der Deutschen Stiftung Denkmalsch­utz. Auch die im Jugendstil gestaltete Grabanlage Fasolt / El More nahe der Russisch-orthodoxen Kapelle gehört in diese Reihe.

Daneben gibt es eine Reihe schmerzlic­her Vernachläs­sigungen. Bereits vor sechs Jahren wurde in dieser Zeitung auf die desolate Situation der kunstvolle­n Grabtafeln für die Schwestern Anna und Helene Stahr und deren Mutter Marie Stahr an der Westmauer des Neuen Friedhofs hingewiese­n. Die fehlende Mauerabdec­kung forciert weiterhin den Verfall. Die enormen Verdienste der Schwestern um die Liszt-stiftung und das Liszt-denkmal sind in Weimar offenbar vergessen.

Auch Grabstätte­n bedeutende­r Persönlich­keiten der Weimarer Klassik warten dringend auf Zuwendung: An der Ostmauer des Historisch­en Friedhofs etwa das Wandgrabma­l für das Ehepaar Heinrich und Amalie Meyer und die drei schlichten nebeneinan­der in die Mauer eingelasse­nen Sandsteint­afeln für Johann Christian Schuchardt und seine Familie. Heinrich Meyer war aufgrund seiner profunden Kenntnisse der antiken Kunst unentbehrl­ich für den Dichterfür­sten. Ihm wurde in jüngster Zeit auch umfangreic­he Forschungs­aktivität gewidmet. Doch sein Grabmal hat man vergessen.

Johann Christian Schuchardt, der Sekretär und Bibliothek­ar Goethes, später Direktor der Freien Zeichensch­ule, fand bisher keine Fürsorge. Im Zuge der Mauerinsta­ndsetzung wurden beide Grabmale zwar gereinigt, eine Restaurier­ung aber steht aus.

Und nicht zuletzt: An der Westmauer des Neuen Friedhofs, unweit vom Posecksche­n Garten, wartet das Wandgrabma­l

aus Sandstein des Philologen und Oberbiblio­thekars Adolf Schöll mit dem Bildnis von Adolf Donndorf vergeblich auf Zuwendung.

Es wäre erfreulich, wenn sich die Klassik-stiftung künftig auch derartiger Grabstelle­n außerhalb des eng begrenzten Bereichs um die Fürstengru­ft und die Russische Kapelle widmen könnte. Denn „Kunschtmey­er“, Schuchardt, Schöll und andere haben es verdient. Die Stadt Weimar ist mit solchen Aufgaben dagegen überforder­t.

Unser Autor Dr. Rudolf Wendt ist Ehrenvorsi­tzender des Vereins der Freunde und Förderer des Stadtmuseu­ms

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FOTO: RUDOLF WENDT Sorgenkind: die Grabstelle der Familie Stahr. Die fehlende Mauerabdec­kung lässt das Wasser ungehinder­t eindringen.

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