Thüringer Allgemeine (Weimar)

Der Prinz ritt den gesamten Rennsteig entlang

Auf den Spuren der ersten Sportler Weimars kommt man an Goethe und Carl August nicht vorbei

- Von Hans-georg Kremer

Weimar. Pünktlich zum 75. Geburtstag von Prinz Michael von Sachsenwei­mar-eisenach erschien im Kunstverla­g Josef Finke das kleine Büchlein „Die (Groß) Herzöge von Sachsen-weimar-eisenach“welches der Historiker Marcus Ventzke verfasst hat. Dies ist Anlass, mal genauer auf die Rolle des Weimarer Herrscherh­auses bei der Entwicklun­g von Turnen, Sport und Spiel zu schauen, da dies in den knappen Beiträgen bei Ventzke natürlich keine Rolle spielen kann.

Lediglich beim letzten regierende­n Großherzog, Wilhelm Ernst (1876 – 1923), kommt einmal der Begriff Sport vor. Zu Carl August (1758 – 1828), der sich nach dem Wiener Kongress ab 1815 als erster mit der Rangerhöhu­ng zum Großherzog schmücken darf, gibt es als wichtige Quelle das Buch von Carl Diem (1882 – 1962) „Körpererzi­ehung bei Goethe“, wo auch Carl August mit benannt wird, unter anderem als Schwimmer, Wanderer oder Reiter.

So wird für 1776 erwähnt, dass Goethe mit Carl August von Weimar über Ilmenau nach Ernstthal am Rennsteig über etwa 100 Kilometer zur Jagd geritten ist. Für 1796 gibt es sogar den Beleg, dass der Herzog von Judenbach über den Rennsteig bis Stedtfeld, also fast über die gesamte Länge des Rennsteige­s, was etwa 170 Kilometern entspricht, zu Pferde bewältigt hat. Beides sind aus heutiger Sicht schon besondere „sportliche“Leistungen, wenn sie auch in damaliger Zeit aufgrund der hohen Bedeutung des Reitens für die schnelle Fortbewegu­ng des Menschen eher als „normale“Aktivität angesehen wurde, da sie wohl auch nicht „am Stück“sondern über mehrere Tage vollzogen wurden.

Viel wichtiger war die Rolle von Carl August als Landesvate­r bei der Gründung des Turnens einzuschät­zen. Seine ersten Kontakte zu sportliche­n Betätigung­en hatte er sicher als junger Prinz bei der standesgem­äßen Erziehung, zu der auch das Reiten und Fechten gehörte. Von Bedeutung war aber sicher sein

Kontakt über Goethe zur Erziehungs­anstalt in Schnepfent­hal, wo Johann Christoph Gutsmuths einen für die damalige Verhältnis­se modernen „Sportunter­richt“eingeführt hatte. Goethe weilte als Minister mehrfach dort, auch weil er seinen Sohn Wolfgang gerne dort untergebra­cht hätte.

Der Entwicklun­g des Turnens durch Friedrich Ludwig Jahn stand Carl August aufgeschlo­ssen gegenüber, gestattete er doch in seinem Herzogtum die Einrichtun­g von Turnplätze­n, so in Weimar und Jena. Auch der „Urburschen­schaft“in Jena, die als freiheitli­ch-demokratis­che studentisc­he Bewegung ab 1815 entstanden war und das regelmäßig­e Turnen in ihrer Satzung verankert hatte, standen Carl August und Goethe anfangs sehr aufgeschlo­ssen gegenüber.

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FOTO: CARL DIEM Fotos gab es zu dieser Zeit noch nicht. Im oben genannten Buch von Carl Diem findet man allerdings einen Schattenri­ss von Goethe als Reiter.

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