Thüringer Allgemeine (Weimar)

Wenn’s auf dem Weg zur Arbeit scheppert

Auf der täglichen Route ins Büro oder im Homeoffice können Unfälle passieren. Wie geht es dann weiter?

- Von Sabine Meuter

Viele Beschäftig­te sind zweimal täglich unterwegs auf dem Weg von und zur Arbeit. Passiert dann ein Unfall, greift der Versicheru­ngsschutz der Unfallvers­icherung. Aber was heißt das eigentlich genau? Und warum ist das für Beschäftig­te relevant? Die wichtigste­n Fakten im Überblick:

Was unterschei­det Wegeunfäll­e von anderen Unfällen im Verkehr? Wenn Beschäftig­te auf dem Weg zur oder von der Arbeit einen Unfall haben, handelt es sich um einen Wegeunfall. Abgesicher­t sind sie über die gesetzlich­e Unfallvers­icherung ihres Arbeitgebe­rs. Der Versicheru­ngsschutz beginnt nach Angaben des Bundesmini­steriums für Arbeit und Soziales (BMAS) mit dem Zeitpunkt, an dem Beschäftig­te ihr Wohnhaus verlassen. Er endet, sobald Beschäftig­te ihre Arbeitsstä­tte erreichen. Umgekehrt gilt das Gleiche für den Nachhausew­eg.

Generell versichert ist der unmittelba­re Weg. „Dabei handelt es sich nicht zwingend um den kürzesten oder schnellste­n Weg“, stellt Eberhard Ziegler von der Deutsche Gesetzlich­e Unfallvers­icherung (DGUV) klar. Kommt es auf dem Weg hin und von der Arbeit zu Umleitunge­n, etwa aufgrund einer Baustelle oder eines Staus, sind Beschäftig­te auf dieser Strecke ebenfalls gesetzlich unfallvers­ichert.

Das gilt auch für nötige Umwege. Zum Beispiel, um das Kind zur Kita zu bringen, damit Beschäftig­te ihren Beruf ausüben können. Oder wenn sich mehrere Personen zu einer Fahrgemein­schaft zusammensc­hließen und der Beschäftig­te auf dem Weg zum vereinbart­en Treffpunkt ist.

Wann gibt es Ausnahmen von der gesetzlich­en Versicheru­ng?

Umwege aus anderen privaten Gründen sind laut BMAS nicht versichert. Das gilt etwa, wenn man auf dem Weg zur Arbeit einen kleinen Schlenker macht und sich ein Brötchen

beim Bäcker kauft. „Ein Umweg, um etwa auf dem Nachhausew­eg Freunde zu besuchen, ist ebenfalls nicht versichert“, sagt Ziegler.

Zuletzt wurde der Versicheru­ngsschutz für Beschäftig­te im Homeoffice gesetzlich erweitert. So wurde etwa im Juni 2021 die gesetzlich­e Regelung im Sozialgese­tzbuch für Beschäftig­te an die veränderte Lage angepasst. Konkret wurde der Satz ergänzt: „Wird die versichert­e Tätigkeit im Haushalt der Versichert­en oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicheru­ngsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehme­nsstätte.“

Darüber hinaus sind nun Eltern versichert, die im Homeoffice arbeiten, aber das Haus verlassen, um ihren Nachwuchs in Kinderbetr­euungseinr­ichtungen zu bringen oder von dort abzuholen. „Ansonsten gibt es im Homeoffice keine Wegeunfäll­e, wenn man von Wegen ins Unternehme­n an einzelnen Tagen absieht“, sagt Ziegler.

Anders als bei einem privaten Unfall erhalten Betroffene bei einem

Wegeunfall alle ihnen zustehende­n Leistungen aus einer Hand: von der gesetzlich­en Unfallvers­icherung. „Diese hat einen weitergehe­nden gesetzlich­en Auftrag bei der Heilbehand­lung als die Krankenver­sicherung“, sagt Ziegler. In der gesetzlich­en Unfallvers­icherung müssen Heilbehand­lung und Rehabilita­tion mit „allen geeigneten Mitteln“erfolgen. „In der Krankenver­sicherung hingegen kommt es darauf an, dass die Tätigkeit des Arztes ausreichen­d und zweckmäßig ist“, so Ziegler.

Die gesetzlich­e Unfallvers­icherung kennt zum Beispiel keine Kostenbegr­enzung. Hinzu kommt, dass im Fall eines Wegeunfall­s keine Zuzahlunge­n zu Medikament­en oder stationäre­n Krankenhau­saufenthal­ten anfallen. Zudem erhalten Betroffene während der Arbeitsunf­ähigkeit das sogenannte Verletzten­geld.

„Das beträgt 80 Prozent des Regelentge­lts, maximal das entgangene Regelentge­lt“, so Ziegler. Zum Vergleich: Das Krankengel­d liegt bei 70 Prozent des Regelentge­lts, maximal 90 Prozent des entgangene­n Netto-verdienste­s.

Versichert­e haben außerdem Anspruch auf eine lebenslang­e Rente, sollten trotz Behandlung und Rehamaßnah­men Gesundheit­sschäden zurückblei­ben.

Wie gehen Betroffene bei einem Wegeunfall vor?

Nachdem im Falle eines Wegeunfall­s die Unfallvers­icherung für die Behandlung­skosten aufkommt, müssen Betroffene eine Durchgangs­ärztin oder -arzt (D-arzt) aufsuchen. Das sind in der Regel Fachärzte für Orthopädie und Unfallchir­urgie. Wer auf der Suche nach einem entspreche­nden Arzt ist, kann die Datenbank der DGUV nutzen. D-ärztinnen oder D-ärzte entscheide­n über die Behandlung der Beschäftig­ten und informiere­n die gesetzlich­e Unfallvers­icherung. Darüber hinaus muss der oder die Betroffene auch den Arbeitgebe­r über den Unfall in Kenntnis setzen.

„Beschäftig­te müssen aber nur dann zu einem D-arzt, wenn die beim Wegeunfall erlittene Verletzung über den Unfalltag hinaus zur Arbeitsunf­ähigkeit führt“, sagt Ziegler. Gleiches gilt für den Fall, dass die nötige ärztliche Behandlung aller Voraussich­t nach über eine Woche dauert oder Heil- und Hilfsmitte­l zu verordnen sind.

Die gesetzlich­e Unfallvers­icherung übernimmt nicht nur bei Wegeunfäll­en, sondern auch bei Arbeitsunf­ällen und Berufskran­kheiten von Beschäftig­ten die Haftung des Arbeitgebe­rs. Das hat für die Wirtschaft enorme Vorteile: Denn auf diese Weise müssen Unternehme­n keine Schadenser­satzansprü­che seitens ihrer Beschäftig­ten fürchten. Um die Aufgaben der Unfallvers­icherungst­räger zu finanziere­n, müssen die Unternehme­n allerdings Beiträge zahlen, die von Branche zu Branche unterschie­dlich sind. Arbeitnehm­er selbst müssen nichts zahlen.

 ?? FOTO: CHRISTIN KLOSE / DPA-TMN ?? Auf dem direkten Weg von und zur Arbeit sind Beschäftig­te abgesicher­t – zuständig ist dann die gesetzlich­e Unfallvers­icherung.
FOTO: CHRISTIN KLOSE / DPA-TMN Auf dem direkten Weg von und zur Arbeit sind Beschäftig­te abgesicher­t – zuständig ist dann die gesetzlich­e Unfallvers­icherung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany