„Das sollte uns eine Lehre sein“
Cdu-vorsitzenden-kandidat Norbert Röttgen über Ampel, AFD und Hans-georg Maaßen
Weimar. Er war Bundesumweltminister, ist Bundestagsabgeordneter und Cdu-präsidiumsmitglied und will nun im zweiten Anlauf Vorsitzender seiner Partei werden: Norbert Röttgen, Rechtsanwalt und 1965 in Meckenheim im Rheinland geboren, besuchte am Samstag den Thüringer Landestag der Jungen Union in Weimar. Wir sprachen dort mit ihm.
Friedrich Merz ist in Thüringen und ganz Ostdeutschland klarer Favorit. Warum machen Sie hier überhaupt Wahlkampf?
Weil mich die Junge Union Thüringen eingeladen hat. Ich habe mich darüber gefreut, weil ich es wichtig finde, dass Politiker, die wie ich aus Westdeutschland stammen, mit ihren ostdeutschen Parteifreunden reden, anstatt über sie zu reden. Als Vorsitzender möchte ich die lokalen Parteistrukturen, die hier oft viel schwächer sind, stärker fördern als bislang. Jenseits dessen gibt es viele Vorurteile, wie die Ostdeutschen angeblich sind oder wie sie zu sein haben. Ich finde: Sie sind, wie alle Menschen, sehr vielfältig.
Sie traten hier auf einer Veranstaltung vor mehr als 100 Menschen auf – und forderten von der neuen Bundesregierung sofortige Kontaktbeschränkungen. Wie passt das zusammen?
Mit wurde zugesichert: Jeder war geimpft, jeder wurde getestet und es bestand Maskenpflicht auch am Platz. Ich hatte lange vorher zugesagt. Aber es stimmt, ab jetzt wird der Wettbewerb um den Vorsitz – genauso wie der Bundesparteitag – nur noch digital stattfinden.
Kommt jetzt der Lockdown?
Das hängt von den Ampel-parteien ab. Die haben einen schweren Fehler begangen, indem sie die epidemische Notlage auslaufen ließen und gleichzeitig den Spielraum der Länder massiv einschränkten. Das muss schnellstmöglich korrigiert werden. Wir als Union reichen dafür ausdrücklich die Hand.
Sie sagten in Ihrer Rede hier in Weimar, dass Sie bei ihrer vergangenen Kandidatur für den Parteivorsitz vorher wussten, dass sie verlieren. Wissen Sie das jetzt auch?
Jetzt weiß ich, dass ich es gewinnen kann.
Sie stehen für einen gesellschaftsliberalen und klimaschutzaffinen Kurs der CDU. Wie soll die Partei unter Ihrem Vorsitz gegen eine sozialliberale Klimakoalition opponieren?
Dafür reicht ein Blick in den Koalitionsvertrag. Zum Beispiel will die Ampel Asylbewerbern von vornherein
den Zugang in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Das ist falsch. Außerdem wird die gesamte Innenpolitik so definiert, als müsse der Bürger vor dem Staat geschützt werden.
Muss er das nicht?
Selbstverständlich achtet der Staat die Rechte der Bürger. Aber seine erste Aufgabe ist es, die Bürger zu schützen, etwa vor der organisierten Kriminalität. Dies war und bleibt die Position der CDU.
Die CDU ist also konservativ genug. Wie erleichtert sind Sie da, dass es Hans-georg Maaßen nicht in Südthüringen in den Bundestag geschafft hat?
Die Wähler haben mir diese Frage abgenommen.
Dann frage ich anders: Maaßen hat sich offen den Afd-wählern angebiedert – wie fanden Sie das?
Falsch – und wir kennen das Ergebnis. Das sollte allen von uns eine Lehre sein.
Ist Ihnen auch die Thüringer Regierungskrise vom Winter 2020 eine Lehre? Die Cdu-bundesspitze forderte damals die sofortige Neuwahl des Thüringer Landtags, die Landtagsfraktion weigerte sich, Ihre Vorvorgängerin Annegret Kramp-karrenbauer kündigte den Rücktritt an.
Es darf nicht wieder ohne Diskussionen mit den Beteiligten der Ratschlag aus Berlin kommen, wie das hier zu machen sei. Es fehlte das, was ich ja vorhin ansprach: der Dialog miteinander.
Auch Dialog ändert nichts am Dilemma der Thüringer CDU: Sie darf weder mit der AFD noch mit der Linken kooperieren. Ist der Abgrenzungsbeschluss der Bundespartei noch zeitgemäß?
Ja, ich halte es für richtig, dass wir uns als Bundespartei eindeutig und klar nach rechts und nach links abgrenzen. Dass Mario Czaja …
… den Friedrich Merz für den Fall seines Sieges als Generalsekretär nominiert hat …
… dieses Fass ohne Not wieder aufmacht, ist nicht hilfreich.
Czaja sprach von der Linken, nicht von der AFD. Zudem hat die hiesige Thüringer CDU die Linksregierung bis zur Absage der Neuwahl toleriert. Wäre es nicht im Interesse des Landes, die Kooperation fortzusetzen?
Natürlich setze auch ich die in Teilen rechtsextremistische AFD nicht mit der Linken pauschal gleich. Ansonsten halte ich mich an das, was ich eben forderte: Ich gebe keine Ratschläge von außen. Ich rede mit meinen Parteifreunden, die vor Ort die Verantwortung tragen.