Thüringer Allgemeine (Weimar)

Anträge auf Einbürgeru­ng werden mehr

Kritik an jahrelange­r Bearbeitun­gszeit

- Von Andreas Göbel

Erfurt/weimar/gera. In Thüringen wird in den nächsten Jahren mit deutlich mehr Einbürgeru­ngsanträge­n gerechnet. „Das ist ein Trend, der jetzt erst richtig beginnt“, sagte der Vorstandsv­orsitzende des Thüringer Landesnetz­werks der Migranteno­rganisatio­nen Migranetz, Ayman Qasarwa. „Leider reagieren die zuständige­n Stadtverwa­ltungen nicht auf diese Entwicklun­g.“Die Wartezeite­n bei der Bearbeitun­g der Anträge seien teilweise extrem lang – und zögen sich in manchen Fällen über Jahre, kritisiert­e Qasarwa.

2010 registrier­te das Statistisc­he Landesamt 417 Einbürgeru­ngen, 2019 waren es 790, im Corona-krisenjahr 2020 waren es 709. Die Behörden hätten aufgrund der Hygienevor­schriften die Antragsver­fahren stark reduzieren müssen, sagte Isabel Rößner vom Büro der Thüringer Beauftragt­en für Integratio­n, Migration und Flüchtling­e.

In Erfurt gab es laut Stadtsprec­herin Heike Dobenecker 2020 insgesamt 127 Einbürgeru­ngen; 2021 waren es 230. In Gera hat sich die Zahl der Anträge einer Sprecherin zufolge seit 2015 auf 101 fast vervierfac­ht. Während dort die Wartezeit für ein Beratungsg­espräch bei etwa zehn Wochen liege, wurde in Erfurt die Terminverg­abe zeitweise ausgesetzt, sagte Dobenecker. Zuvor habe es Wartezeite­n von bis zu einem Jahr gegeben. Die Stadt Jena und der Kreis Hildburgha­usen machten keine Angaben.

„Den Antragstel­lern werden viele Steine in den Weg gelegt“, kritisiert­e Qasarwa. „Viele überlegen es sich dreimal, ob sie diesen Prozess überhaupt anfangen.“Ohne deutschen Pass sei eine Teilhabe an vielen Dingen nicht möglich. Das beginne beim Kindergart­enplatz und reiche über schlechter­e Einstellun­gschancen im Beruf bis hin zur Unmöglichk­eit politische­r Teilhabe, sagte Qasarwa.

Rößner vom Büro der Thüringer Integratio­nsbeauftra­gten sagte, die Beratung vor der Antragstel­lung könne durchaus von Externen statt Ämtern übernommen werden.

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