Anträge auf Einbürgerung werden mehr
Kritik an jahrelanger Bearbeitungszeit
Erfurt/weimar/gera. In Thüringen wird in den nächsten Jahren mit deutlich mehr Einbürgerungsanträgen gerechnet. „Das ist ein Trend, der jetzt erst richtig beginnt“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Thüringer Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen Migranetz, Ayman Qasarwa. „Leider reagieren die zuständigen Stadtverwaltungen nicht auf diese Entwicklung.“Die Wartezeiten bei der Bearbeitung der Anträge seien teilweise extrem lang – und zögen sich in manchen Fällen über Jahre, kritisierte Qasarwa.
2010 registrierte das Statistische Landesamt 417 Einbürgerungen, 2019 waren es 790, im Corona-krisenjahr 2020 waren es 709. Die Behörden hätten aufgrund der Hygienevorschriften die Antragsverfahren stark reduzieren müssen, sagte Isabel Rößner vom Büro der Thüringer Beauftragten für Integration, Migration und Flüchtlinge.
In Erfurt gab es laut Stadtsprecherin Heike Dobenecker 2020 insgesamt 127 Einbürgerungen; 2021 waren es 230. In Gera hat sich die Zahl der Anträge einer Sprecherin zufolge seit 2015 auf 101 fast vervierfacht. Während dort die Wartezeit für ein Beratungsgespräch bei etwa zehn Wochen liege, wurde in Erfurt die Terminvergabe zeitweise ausgesetzt, sagte Dobenecker. Zuvor habe es Wartezeiten von bis zu einem Jahr gegeben. Die Stadt Jena und der Kreis Hildburghausen machten keine Angaben.
„Den Antragstellern werden viele Steine in den Weg gelegt“, kritisierte Qasarwa. „Viele überlegen es sich dreimal, ob sie diesen Prozess überhaupt anfangen.“Ohne deutschen Pass sei eine Teilhabe an vielen Dingen nicht möglich. Das beginne beim Kindergartenplatz und reiche über schlechtere Einstellungschancen im Beruf bis hin zur Unmöglichkeit politischer Teilhabe, sagte Qasarwa.
Rößner vom Büro der Thüringer Integrationsbeauftragten sagte, die Beratung vor der Antragstellung könne durchaus von Externen statt Ämtern übernommen werden.