Im Haus aus Schlamm und Schilf autark und klimaneutral leben
Absolventin der Bauhaus-uni Weimar entwirft einen Lebensraum für Königsee
Weimar/königsee. Es ist ein bekanntes Bild im ländlichen Thüringen: In beliebten Regionen fressen sich neue Wohngebiete mit Dutzende Einfamilienhäusern in romantische Dörfer. Für die Ortschaften bedeuten sie natürlich einen Zugewinn an Einwohnern. Doch die neuen Wohnviertel wirken meist isoliert, stören das historische Ortsbild und versiegeln natürliche Flächen, während der Leerstand innerhalb der Orte oft hoch ist. Die Architekturstudentin Alma Kaltenhäuser setzt in ihrer Bachelorarbeit hingegen auf autarkes und klimaneutrales Wohnen in Häusern aus Lehm, Schlamm und Schilf.
„Es hat den Bezug zur Arche Noah, die ein autark funktionierendes Boot war.“Alma Kaltenhäuser über ihre Vision eines eigenständigen Wohngebiets.
Die von Alma Kaltenhäuser ist eine von 34 Abschlussarbeiten, die von der Bauhaus-universität Weimar als besonders herausragende Beiträge in diesem Jahr vorgeschlagen worden sind. Die Auswahl umfasst 15 Bachelor- und 19 Masterarbeiten. Für ihr Projekt sucht sich die 22-Jährige ein rund 2200 Quadratmeter großes Grundstück im kleinen Dorf Unterschöbling aus, einem Ortsteil von Königsee. Die Vision: Wohnraum schaffen, der sparsam mit Flächen und Ressourcen umgeht und ein autarkes Leben ermöglicht. Zudem soll das Wohnprojekt mit dem Namen Archē nicht isoliert zum Dorf entstehen, sondern eine Verbindung herstellen: „Es hat den Bezug zur Arche Noah, die ein autark funktionierendes Boot war. Es steht aber ebenso für einen Neuanfang und dafür, den ersten Schritt zu machen.“
Auf dem Grundstück sind drei Reihenhäuser mit Wohnungen geplant für jeweils ein junges und älteres Paar sowie eine mehrköpfige Familie. So könnte eine generationenübergreifende Nachbarschaft entstehen. Ein Sonntagscafé auf dem Gelände könnte zum neuen Anziehungspunkt für den Ort werden.
Die Gebäude sollen aus klimaneutralen Baustoffen wie Lehm, Holz und Schiefer gebaut werden, erklärt die Architekturstudentin: „Man nutzt nicht Beton oder Stahl, sondern greift auf lokale Baumaterialien zurück. Diese können auch wieder in den Kreislauf der Natur eingeführt werden.“
Die Bewohner der Archē können als Selbstversorger Obst und Gemüse anbauen. Auch der Umgang mit Energie und Wasser erfolge nachhaltig. Wasser werde von den Dachflächen aufgefangen, aufbereitet und könne zum Waschen sowie zur Bewässerung von Acker und Garten genutzt werden. „Ins Haus ist ein Gewächshaus integriert, das auch als thermischer Puffer dient.
Das ganze Jahr über können Kräuter und Gemüse angebaut werden.“In ihrem Projekt möchte Alma Kaltenhäuser jedoch auch Platz sparen beziehungsweise effizienter nutzen: „Die Wohnfläche soll pro Person kleiner sein als im deutschen Durchschnitt von derzeit 47 Quadratmetern.“
Als zusätzliche Wohnfläche diene unter der Woche das Sonntagscafé, dass von allen Bewohnern nach Bedarf als Küche, Partyraum oder Gästezimmer genutzt werden kann. Am Sonntag ist das Gebäude als Café für die Dorfgemeinschaft geöffnet: „Durch das öffentliche Café kann die Dorfgemeinschaft gestärkt werden. Außerdem soll die Angst vor dem Neuen im Dorf genommen werden.“Als vorrangige Strom- und Wärmequelle soll die Sonne genutzt werden. Solaranlagen erzeugen Strom. Die Wohngebäude werden so erhitzt, dass sie über Nacht kontinuierlich Wärme abgeben.
Komplett autark und klimaneutral lasse sich das Projekt jedoch nicht umsetzen, schätzt Kaltenhäuser. So seien etwa soziale Dienstleistungen und die Trinkwasserversorgung von außerhalb notwendig. Dennoch wünscht sich die gebürtige Berlinerin mehr Offenheit für solche Projekte. Viele Bauherren würden noch nicht das Risiko von Experimentalbauten eingehen, sagt Kaltenhäuser: „Solche Projekte sollten mehr gefördert werden.“