Die letzten Exemplare aus Erfurt
Tageszeitungen von Funke Medien werden künftig an Standorten außerhalb Thüringens gedruckt
Erfurt. Es ist eine Zäsur. Zum letzten Mal wurden in dieser Nacht die Tageszeitungen von Funke Medien in Thüringen im Erfurter Druckhaus gedruckt. Mit dem Standort schließt Ende des Jahres die letzte große Zeitungsdruckerei im Freistaat. Künftig kommen die Zeitungen von Maschinen außerhalb des Landes in Braunschweig, Chemnitz und Halle. Unmittelbar betroffen sind in Thüringen 270 Druckereibeschäftigte. Das Unternehmen begründete die Entscheidung mit sinkenden Auflagen und wirtschaftlichen Zwängen.
Erfurt war einer der ersten Druckerei-standorte in der DDR, der bereits in den 1970er-jahren auf modernen Vierfarb-offset-rotationsmaschinen druckte. Gemeinsam führten Drucker und Journalisten die früheren Parteiblätter gegen den Widerstand der Noch-funktionäre
nach der Wende in die Unabhängigkeit. Nach der Übernahme durch den damaligen Waz-konzern (heute Funke Medien) entstanden in Gera und Erfurt neue Hochleistungsdruckereien. Die modernen Rollenoffset-maschinen suchten ihresgleichen. Den Startknopf in Erfurt drückte im Frühjahr 1994 der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU).
Das Drucken von Zeitungen hat jahrhundertelange Tradition. Schon mit der Erfindung der beweglichen Lettern im Mittelalter entstanden auch die ersten Nachrichtenblätter. Inzwischen drücken Digitalisierung, Multimedialisierung und die Verlagerung von Nachrichtenströmen ins Internet seit Jahren auf die Auflagen gedruckter Zeitungen. Andere Druckereien haben schon früher aufgegeben.
Druckvorbereiter und Drucker waren immer ein wesentlicher Garant für Aktualität und Qualität dieser Zeitung. Das gilt auch und vor allem für die Zeit der Pandemie. Notfälle gab es „nur“aufgrund höherer Gewalt: Hacker, unerwartete Schneemassen oder zuletzt ein extrem hoher Krankenstand, der nichts mit dem Impfstatus der Kollegen zu tun hatte. Selbst während der Proteste gegen die Schließung entstanden Notausgaben. Es ist ein bitterer Tag für ein stolzen Berufsstand. Die Redaktion bedankt sich ausdrücklich für viele Jahre guter Zusammenarbeit.