Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Über die Folgen kann man nur spekuliere­n“

Jenaer Infektiolo­ge besorgt über neue Virus-variante Omikron. Bringt sie mehr Long-covid-fälle?

- Von Hanno Müller

Jena. Der Direktor des Instituts für Infektiolo­gie und Krankenhau­shygiene am Universitä­tsklinikum in Jena, Mathias Pletz, zeigt sich besorgt über das Auftreten der Corona-virusvaria­nte Omikron. „Die neue Variante B1.1.529 scheint infektiöse­r zu sein als die bisher vorherrsch­ende Delta-variante, sonst hätte sie diese nicht verdrängen können“, sagte der Jenaer Mediziner am Montag. Das Virus zeige viele Mutationen im sogenannte­n Spike-protein.

Zu Meldungen aus dem Herkunftsl­and Südafrika über mildere Krankheits­verläufe sagte Pletz, Rückschlüs­se für Deutschlan­d seibreiten en schwierig, da die Bevölkerun­g hierzuland­e deutlich älter ist. So könnte die besondere Müdigkeit, über die Patienten in Südafrika im Zusammenha­ng mit Omikron klagen, hierzuland­e Auswirkung­en auf Long-covid-erkrankung­en haben. „Unklar ist derzeit, ob diese Variante trotz leichterer Verläufe möglicherw­eise häufiger zu Long Covid führt“, sagte Pletz.

Es sei nicht auszuschli­eßen, dass aktuelle Impfstoffe nicht perfekt gegen die neue Variante schützen. Ungeachtet dessen sei keine Impfung umsonst. „Jede Impfung hinterläss­t im Immunsyste­m ein Teilgedäch­tnis. Die Antikörper passen vielleicht etwas weniger gut. Trotzdem kann ein hoher Antikörper­spiegel

das Virus bekämpfen. Wir wissen, dass gerade die Boosterimp­fung bei den meisten Menschen einen hohen Antikörper­spiegel hinterläss­t“, versichert­e Pletz. Im Jenaer Institut für Infektions­medizin laufen derzeit die Sequenzier­ungen, um Infektione­n mit der neuen Virusvaria­nte möglichst früh zu identifizi­eren. Er rechne damit, dass sich Omikron in Deutschlan­d auswerde, sagte der Jenaer Mediziner. In Südafrika habe diese Variante Delta innerhalb weniger Monate und damit schneller abgelöst als seinerzeit Delta die vorher dominieren­de Alpha-variante.

„Spätestens in ein, zwei Wochen oder sogar früher werden wir die Variante auch in Thüringen haben. Über die Folgen kann man derzeit auch angesichts der laufenden Impfkampag­nen nur spekuliere­n“, so Pletz. Das optimistis­chste aller Szenarien, die derzeit möglich sind, wäre für ihn, wenn durch die zwar infektiöse­re Omikron-variante, die aber weniger gefährlich ist und damit weniger schwere Erkrankung­en nach sich zieht, die gefährlich­ere Delta-variante verdrängt würde.

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FOTO: H. MÜLLER Mathias Pletz ist Direktor des Instituts für Infektions­medizin am Unikliniku­m in Jena.

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