Dieser General soll die Pandemie besiegen
Warum Scholz dem Bundeswehr-kommandeur Carsten Breuer die Leitung des Corona-krisenstabs überträgt
Berlin. „Unverzüglich“will der künftige Kanzler Olaf Scholz (SPD) einen Corona-krisenstab von Bund und Ländern einsetzen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Impfkampagne wünscht er sich einen „neuen, präzisen Umgang“. Im Auge hat er dem Vernehmen nach einen Militär: Generalmajor Carsten Breuer, der bisherige Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr.
Breuer ist ein Mann für die Heimatfront. Seine Soldaten helfen bereits bisher in vielen Impfzentren und in den Gesundheitsämtern bei der Kontaktverfolgung. Bei insgesamt 365 Maßnahmen sind rund 3950 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Der Mann aus dem Iserlohner Stadtteil Letmathe hat seine Operationszentrale in Berlin auf dem Gelände der Julius-leber-kaserne. Mit seinem Stab koordiniert er seit fast zwei Jahren die gesamte Amtshilfe in der Pandemie.
Bis zu 25.000 Soldaten mobilisieren Die Impfkampagne ist mäßig erfolgreich. Erst 68 Prozent der Bundesbürger sind gegen Covid-19 vollständig geimpft. Die Zahlen werden schleppend gemeldet. Klagen über mangelndes Tempo, über stundenlange Wartezeiten beim Boostern und Lieferengpässe häufen sich. Logistik ist eine Stärke der Militärs. Schnell, effizient, nachhaltig – das ist im Einsatzfall lebenswichtig.
„Einfache Pläne für eine schnelle Umsetzung, das können Soldaten gut machen“, sagt Vizeadmiral Henrique de Gouveia e Melo, der die erfolgreiche portugiesische Impfkampagne leitete. 88 Prozent der Portugiesen sind vollständig geimpft. Weltweit schneiden lediglich Singapur und Kuba etwas besser ab.
Auch hinter Italiens Impferfolg (73 Prozent vollständig geimpft) steht ein Soldat: der krisenerprobte Drei-sterne-general Francesco Paolo Figliuolo, der wie Breuer in Afghanistan im Einsatz war. „Geben Sie mir Ihren besten Mann für Krisenfälle“, soll Premier Mario Draghi von Verteidigungsminister Lorenzo Guerini verlangt haben.
Wie der Italiener und der Portugiese könnte der 56-jährige Breuer die gesamte Impforganisation auf links krempeln: Bestellung, Lagerhaltung, Transport. Auch klare Anweisungen und schnelle Meldeketten sind ganz im Sinne des künftigen Kanzlers. Breuer kann die Kampagne auf Zack bringen und die Bundeswehr aus dem Stand bis zu 25.000 Soldaten für die Amtshilfe mobilisieren. Das hat sie jedenfalls schon einmal bewiesen.
Immer wieder hat Scholz auf den Krisenstab verwiesen und darauf, dass die Impfkampagne entscheidend sei: eine höhere Quote und schnelle Erfolge beim Boostern. Auch eine allgemeine Impfpflicht – seit Tagen ernsthaft im Gespräch – setzt entsprechende Angebote voraus und damit ein reibungsloses Management. „Wir werden alles tun, was nötig ist. Es gibt nichts, was nicht in Betracht gezogen werden kann“, sagte der Sozialdemokrat.
Offenbar vertraut der Kanzler in spe mehr den nüchternen Analysen der Militärs als den Einschätzungen der Virologen im Robert-koch-institut und will stärker als die amtierende Regierungschefin Angela Merkel das Krisenmanagement an sich ziehen. Der gemeinsame Krisenstab von Bund und Ländern wäre ihm – Chefsache – zugeordnet, nicht dem Gesundheitsressort.
Zwar spielen Soldaten auch im bisherigen Krisenstab eine Rolle, aber den Ton geben Politiker an, vornehmlich aus den Ministerien für Gesundheit und Innen. Nun soll sich der Krisenstab neu erfinden „in engster Absprache“mit den Ländern, wie Noch-regierungssprecher Steffen Seibert erklärte. Befugnisse und Personalien sind allein Sache der künftigen Ampel-regierung. Merkel stehe „in engem Kontakt“mit ihrem designierten Nachfolger. Ziel sei, dass das Gremium „so bald wie möglich“seine Arbeit aufnehmen könne. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundesregierung zur Pandemie steht am (heutigen) Dienstag an. Es dürfte nicht lange dauern, bis Breuer auf den Plan tritt.
In Flecktarnmontur gegen den Feind In Italien und Portugal war der psychologische Effekt der Einsetzung von Soldaten beabsichtigt und nicht zu unterschätzen. In beiden Staaten sind Autorität und Tradition des Militärs allerdings ungebrochen. Vizeadmiral Gouveia e Melo trat in den Impfzentren immer und bewusst in Flecktarnmontur auf. Vom Virus sprach er gern und markig als dem (unsichtbaren) Feind. „Die Kommunikation“, erzählte der hartgesottene U-boot-kapitän, „war der wichtigste Teil.“Eigentlich die vornehmste Aufgabe von Politikern.