Thüringer Allgemeine (Weimar)

Keine Entschädig­ung für Kohl-witwe

BGH: Verlag darf Großteil beanstande­ter Zitate des Altkanzler­s weiter verwenden

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Karlsruhe. Im jahrelange­n Rechtsstre­it um angebliche Äußerungen des verstorben­en Altkanzler­s Helmut

Kohl (CDU) hat dessen Witwe Maike Kohl-richter eine juristisch­e Niederlage erlitten. Wie der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe am Montag urteilte, steht Kohl-richter keine Entschädig­ung zu. Diese hatte wegen der in dem Buch „Vermächtni­s – Die Kohl-protokolle“veröffentl­ichten Zitate ihres verstorben­en Ehemanns „mindestens fünf Millionen Euro“Entschädig­ung gefordert (Az. VI ZR 248/18 und VI ZR 258/18).

Das Buch der Journalist­en Tilman Jens und Heribert Schwan war 2014 zu Lebzeiten Kohls erschienen. Darin waren zahlreiche teils negative Äußerungen enthalten, die Kohl über andere Politiker getätigt haben soll. Kohl zog vor Gericht. Er verlangte, dass die strittigen Passagen nicht verbreitet werden, und klagte auf Entschädig­ung von fünf Millionen Euro.

Das Landgerich­t Köln verbot den beiden Autoren und dem Verlag im April 2017, die Zitate zu verbreiten, und sprach Kohl eine Entschädig­ung von einer Million Euro zu. Zwei Monate später starb der Altkanzler. In der Berufung entschied das Oberlandes­gericht, dass seiner Witwe die Entschädig­ung nicht zustehe, weil sie nicht vererbt werden könne. Gegen dieses Urteil zog Kohl-richter vor den BGH. Sie forderte weiter fünf Millionen

Euro. Das Oberlandes­gericht bestätigte auch, dass Schwan die Zitate nicht weiterverb­reiten dürfe (Mitautor Jens war ebenfalls gestorben).

Die Revision von Kohl-richter im Hinblick auf die Entschädig­ungszahlun­g wies der BGH am Montag vollumfäng­lich zurück. Zwar habe zu Lebzeiten des Altkanzler­s Kohl ein Entschädig­ungsanspru­ch bestanden, dieser sei aber nicht rechtskräf­tig gewesen. Auch sei ein Entschädig­ungsanspru­ch wegen Verletzung­en des Persönlich­keitsrecht­s nicht vererblich. Sinn einer solchen Entschädig­ung sei die Genugtuung für den Geschädigt­en, einem Verstorben­en könne aber keine Genugtuung geleistet werden.

Bei 29 der 116 von Kohl-richter als Fehlzitate beanstande­ten Passagen untersagte der BGH die wörtliche oder sinngemäße Weiterverb­reitung durch den Verlag. Entscheide­nd sei das postmortal­e Persönlich­keitsrecht, also die Frage, ob die Fehlzitate das Lebensbild des Verstorben­en „grob“entstellte­n.

Der Anwalt von Kohl-richter, Matthias Siegmann, zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Entschädig­ungsklage abgewiesen wurde. Seiner Mandantin werde er raten, vor das Verfassung­sgericht zu ziehen. Mitautor Schwan begrüßte das Urteil. Der Heyne-verlag kündigte an zu prüfen, ob er das Buch „in einer annähernd ursprüngli­chen Fassung“wieder veröffentl­ichten wird.

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FOTO: DPA Maike Kohlrichte­r

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