Thüringer Allgemeine (Weimar)

Zur Person

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durften herkömmlic­he Adventskal­ender wegen der Papierkont­ingentieru­ng nicht mehr gedruckt werden. Hefte wie „Vorweihnac­hten“– ein Ersatz für das Wort Advent – erschienen, mit einer Doppelseit­e für jeden der 24 Tage: Da gab es dann Malbilder für Panzer, Darstellun­gen von hakenkreuz­ähnlichen „Sonnenräde­rn“auf dem Weihnachts­baum, Holzschnit­te von Soldaten und Weihnachts­lieder mit völkischen Texten.

Das Abzählen der Tage bis Weihnachte­n lehrt auch Geduld.

Für Kinder war das im frühen Bürgertum auf jeden Fall eine Zusatzfunk­tion der Kalender. Eine Übung in Disziplin. Des Sich-beherrsche­n-müssens. „Sei nicht zu neugierig und vergreife dich an den Schiebern, die für die nächstfolg­enden Tage bestimmt sind. Eins ums andere!“, hieß es in der Gebrauchsa­nweisung eines frühen gedruckten Kalenders. Klar, früher war das für die Kinder eine Art Abzählen bis zum schönsten Tag des Jahres mit einem Cliffhange­r und dann der besonderen Überraschu­ng, was hinter dem letzten Türchen

■ Die Kulturwiss­enschaftle­rin Esther Gajek (59) forscht und unterricht­et am Lehrstuhl für Vergleiche­nde Kulturwiss­enschaft der Universitä­t Regensburg. Ihr antiquaris­ch erhältlich­es Buch „Adventskal­ender – Von den Anfängen bis zur Gegenwart“(Süddeutsch­er Verlag) gilt als Standardwe­rk zum Thema. Gajek ist auch Sammlerin. Ihre Sammlung umfasst etwa 3000 Adventskal­ender.

warten könnte. Geduld war da eine wichtige Tugend.

Haben Adventskal­ender eine Zukunft?

Da bin ich mir sicher. Vorfreude ist die schönste Freude, und dieses Gefühl ist zeitlos. Wie wir an der Geschichte sehen, sind die Adventskal­ender ohnehin schon vielen Veränderun­gen unterworfe­n gewesen und haben sich von ihrer ursprüngli­chen Bestimmung entfernt. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass diese Entwicklun­g zu einem Ende kommt.

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