Titellose Zeit droht nach Boll
Timo Boll dürfte die Enttäuschung über die Halbfinal-niederlage bei der Tischtennis-wm schnell überwunden haben. Schmerzlich mag das 3:4 gegen den 19-jährigen Truls Möregardh wohl eher aus körperlicher Sicht sein, denn Deutschlands Ausnahmespieler kämpfte sich durch das gesamte Turnier in Houston mit einer Bauchmuskelzerrung. Dass er sich bis ins Halbfinale vorspielte und die Blessur nicht als Ausrede für seine Niederlage gelten ließ, spricht einmal mehr für den 40-Jährigen, der dennoch Geschichte schrieb.
Der Bollsche Medaillengewinn ist für Deutschland Segen und Fluch zugleich. Denn so gut sich ein 3. Platz bei einer WM in den Statistikbüchern liest, so wichtig ist es für den DTTB, über den Tellerrand hinauszublicken. Und da zeigt sich auf, dass bis auf den verletzten Dimitrij Ovtcharov, der Medaillenchancen gehabt hätte, die zweite Reihe abfiel. Patrick Franziska scheiterte einmal mehr an seinen Nerven, das restliche Trio spielte im Rahmen der Möglichkeiten.
Dass Dang Qiu mit seinen 25 Jahren auf den Sprung in die erweiterte Weltspitze ist, kann nur teilweise befriedigen. Andere Länder – von den in der Breite kaum zu schlagenden Asiaten abgesehen – haben nicht nur auf-, sondern Deutschland mitunter überholt. Immer wieder dringen junge Talente aus Osteuropa, Frankreich oder eben Schweden nach oben. In der Breite ist dies hierzulande nicht der Fall.
Die Hoffnungen ruhen auf dem 19-jährigen Kai Stumper, der dieses Jahr U21-europameister wurde. Bleibt er gesund, hat Deutschland wieder ein Eisen im Feuer. Ansonsten droht eine lange titellose Zeit, wenn Boll und Ovtcharov die Karriere beenden. Dass sie im gesetzten Alter immer noch Deutschlands Beste sind, muss zu denken geben.