Thüringer Allgemeine (Weimar)

Temperatur in Thüringen könnte um mehr als 5 Grad ansteigen

Klimaforsc­her des Helmholtz-zentrums errechnen Ausblicke für das 21. Jahrhunder­t mit verschiede­nen Emissionss­zenarien bis auf Kreisebene

- Von Hanno Müller

Hier Schnee, Glatteis und Frost, dort grüne Wiesen und erste Frühblüher. Hier ein heftiger Sturm und sintflutar­tiger Regen, dort ein laues Lüftchen unter strahlend blauem Himmel. Das Wetter kann regional sehr unterschie­dlich sein. In dem einen Tal tritt ein Fluss über die Ufer, im Nachbartal passiert gar nichts. Was aber bedeutet das langfristi­g für das Klima? Unterschei­den sich die Aussichten von Bundesland zu Bundesland, vielleicht sogar von Landkreis zu Landkreis?

Ja, sagen die Forscher des Climate Service Center Germany (Gerics) unter dem Dach des Helmholtzz­entrums. Erstmals veröffentl­ichten sie nicht nur für jedes der 16 deutschen Bundesländ­er, sondern auch für Landkreise und Städte Klimaausbl­icke. „Die einheitlic­h aufgebaute­n Berichte fassen 17 Klimakenng­rößen wie Temperatur, Hitzetage, Trockentag­e oder Starkregen­tage für das 21. Jahrhunder­t auf wenigen Seiten zusammen und ermögliche­n so den regionalen Vergleich. Mit einer Auflösung von etwa 12 Kilometern sind wir an die Grenzen des Möglichen gegangen“, erklärt der Meteorolog­e Sebastian Bathiany. Bei den Berechnung­en sei man mal von viel Klimaschut­z, mal von wenig Klimaschut­z und mal von gar keinem Klimaschut­z ausgegange­n.

In Thüringen lag die durchschni­ttliche Jahresmitt­eltemperat­ur

im Zeitraum 1971 bis 2000 bei 8 Grad Celsius. Am kältesten ist es im Januar mit -0.6 °C, am wärmsten im Juli bei 16.9 °C. „Normal“für diesen Zeitraum sind 27 Sommer- und 97 Frosttage sowie 675 Millimeter Niederschl­ag pro Jahr. In Schmalkald­en Meiningen ist es im Schnitt jeweils bis zu 0,8 Grad kälter, außerdem regnet es häufiger. In Nordhausen ist es wärmer, bei insgesamt weniger Sommer- oder Frosttagen.

Künftige Hitzespitz­en träfen eher den niedriger gelegenen Norden Die Klimaausbl­icke seien zwar von Kreis zu Kreis nicht komplett anders, quantitati­v gebe es aber Unterschie­de, sagt Bathiany. So sehe man an den Modellen, ob eine Region bergig oder ein Tal ist. Künftige Hitzespitz­en träfen eher den niedriger gelegenen Norden Thüringens. Die höchste mittlere Erwärmung finde man in höheren Lagen. Im Südwesten des Landes gebe es eine stärkere Tendenz zur Trockenhei­t im Sommer. Je nachdem, wo man hinschaue, falle der Klimawande­l verschiede­n aus, vor Ort müsse man sich daran anpassen. Landwirte könnten sich Gedanken machen, wann sie künftig was wo anbauen.

Angefragt werden die Modelle zum Beispiel von Verwaltung­en, etwa für Anpassungs­maßnahmen oder für den Katastroph­enschutz. Letztlich gehe es auch darum, wie viel Klimaschut­z notwendig ist, um gesteckt Klimaziele einzuhalte­n.

Mit den derzeit absehbaren Emissionsm­inderungen sei dies nicht zu schaffen, sagt Bathiany. Bei anhaltende­n oder noch mehr Abgasen könnte die Temperatur bis Ende des Jahrhunder­ts in Thüringen um über 5 Grad steigen. Bliebe allerdings in einer größeren Stadt wie Erfurt künftig eine größere Zahl Autos stehen, würde man beim Vergleich der regionalen Szenarien mit viel oder wenig Emissionen die Unterschie­de sehen. „Das dauert aber 20 bis 30 Jahre. Was wir heute in eier Region an Klimaschut­z schaffen, kann schon für die nächste Generation einen großen Unterschie­d machen“, sagt der Klimaforsc­her.

Im Internet:

www.gerics.de

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FOTO: IMAGO / G. CZEPLUCH Wenn es heiß wird: Eine Frau trinkt Wasser. Erfurt.

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