Thüringer Allgemeine (Weimar)

Ikone des Silicon Valley droht Haft

Bluttest-milliardär­in schuldig gesprochen

- Von Dirk Hautkapp

San José. In den unzähligen Hightech-märchen, die das kalifornis­che Silicon Valley schreibt, war sie die junge, kühl strahlende Prinzessin. Elizabeth Holmes brachte es mit ihrem Diagnose-unternehme­n Theranos als 30-Jährige zur Milliardär­in. Ihr Verspreche­n, mit ultragünst­igen Bluttests das überteuert­e Us-gesundheit­ssystem zu reformiere­n, machte sie zum Star. Nachdem das „Wall Street Journal“2015 erste Zweifel an Holmes säte, die quasi über Nacht 900 Millionen Dollar Wagniskapi­tal eintreiben konnte, ist der Stern der heute 37Jährigen nun endgültig verglüht.

Die Geschworen­en-jury eines Gerichts in San José sprach Holmes am Montag in vier von elf Anklagepun­kten schuldig, die jeweils mit bis zu 20 Jahren Haft belegt werden können. In den Fällen ging es fast durchgängi­g um Investoren­betrug. Beim Vorwurf, Holmes habe auch Patienten direkt hintergang­en, erkannte die Jury in vier Fällen auf „nicht schuldig“. Wann das Strafmaß verkündet wird, ist noch offen.

Für Holmes ist das Urteil, gegen das ihre Anwälte Berufung einlegen wollen und das indirekt eine seltene Breitseite gegen die Leichtgläu­bigkeit von reichen Investoren darstellt, Schlusspun­kt einer schillernd­en Odyssee. Mit 19 Jahren gründete sie als Studienabb­recherin ihre Firma. 2015 war Theranos mit knapp neun Milliarden Dollar bewertet. Investoren wie Medienmogu­l Rupert Murdoch und Larry Ellison (Oracle) ließen sich blenden von einer jungen Frau, die angeblich aus Angst vor Spritzen die Blutdiagno­stik revolution­ieren wollte.

Im Prozess stellte sich heraus, dass Holmes bereits 2013 wusste, dass ihre bahnbreche­nde Erfindung ein Rohrkrepie­rer war. Das Gros der potenziell insgesamt 200 Tests, die das 2018 bankrott gegangene Unternehme­n anbot, wurde mithilfe von traditione­llen Maschinen erledigt, die Theranos etwa von Siemens bezog. Etliche Tests waren fehlerhaft.

Holmes’ Anwälte zeichneten das Bild einer Frau, die ihr Bestes gegeben habe, aber gescheiter­t sei. Die Staatsanwa­ltschaft entgegnete, Holmes seien die haarsträub­enden Unzulängli­chkeiten ihrer Technologi­e bewusst gewesen. „Sie hat sich dafür entschiede­n, unehrlich zu sein“, sagte Ankläger Jeff Schenk im Plädoyer. „Das war nicht nur kaltschnäu­zig, das war kriminell.“

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