Thüringer Allgemeine (Weimar)

Wie lange bleiben die Schulen auf?

Kmk-chefin hält an Präsenzunt­erricht fest – Lehrer und Schüler fordern Omikron-plan

- Von Theresa Martus und Alessandro Peduto

Berlin. Was Corona für den Schulallta­g bedeuten kann, haben die nunmehr fast zwei Jahre Pandemie gezeigt. Die vielen Wochen, in denen die Klassenzim­mer wegen der Ansteckung­sgefahr verschloss­en blieben und die Schüler alleine zu Hause lernen mussten, hatte gravierend­e Folgen. Es kam zu massiven Lernrückst­änden, zum Verlust sozialer Kontakte und vielfach zu seelischen Beeinträch­tigungen.

Nun steht mit der Virusvaria­nte Omikron die nächste Pandemiewe­lle bevor. Der mutierte Corona-erreger breitet sich rasend schnell aus. Doch die Politik will verhindern, dass es für die Schülerinn­en und Schüler noch einmal so hart kommt wie in der Vergangenh­eit.

Die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) will an diesem Mittwoch beraten, wie sich der Schulbetri­eb in den Klassenzim­mern auch in den bevorstehe­nden Omikron-wochen sicherstel­len lässt. Schülerver­treter und Lehrerverb­ände fordern die Politik eindringli­ch dazu auf, entspreche­nde Vorkehrung­en zu treffen.

Für die Kmk-vorsitzend­e, die schleswig-holsteinis­che Bildungsmi­nisterin Karin Prien (CDU), steht bereits fest, dass Homeschool­ing nur noch im äußersten Notfall eine Lösung sein darf: „Der Präsenzunt­erricht

hat Priorität“, da sei sich die KMK nach wie vor einig, sagte Prien unserer Redaktion. „Wichtig ist, dass wir die Schulen nicht als Erstes, sondern als Letztes schließen. Auch wenn sich die Pandemie durch eine neue Virusvaria­nte verändert, müssen wir die Bedürfniss­e von Kindern und Jugendlich­en besser im Blick haben als bisher.“Das bedeute, dass die Schulen erst dann geschlosse­n würden, „wenn alle anderen Möglichkei­ten ausgeschöp­ft sind“. Eine wichtige Rolle spielt hier nach Priens Worten das Impfen. Sie appelliere an alle Erwachsene­n – „nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Eltern“–, Impfangebo­te wahrzunehm­en. Im Unterschie­d zu früheren Pandemie-wellen können sich inzwischen auch die Jüngeren gegen den Covid-erreger schützen. Auch das dürfte in den nahenden Omikronwoc­hen helfen. Laut Robert-kochinstit­ut (RKI) ist aktuell etwa jeder Zweite im Alter zwischen 12 und 17 Jahren doppelt gegen das Virus geimpft (52,9 Prozent).

Zwar ist dieser Wert deutlich niedriger als bei Erwachsene­n. Allerdings gibt es für 12- bis 17-Jährige erst seit August letzten Jahres eine entspreche­nde allgemeine Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko). Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren wird nur im Fall von Vorerkrank­ungen ausdrückli­ch zu einer Covid-impfung geraten. Das gab die Stiko Anfang Dezember bekannt. Nach ärztlicher Beratung können aber auch alle anderen Kinder in diesem Alter immunisier­t werden. 446.808 sind es laut RKI bislang.

Die Vorsitzend­e des Deutschen Philologen­verbands, Susanne Linklitzin­g, forderte von den Kmk-beratungen einen bundesweit einheitlic­hen Stufenplan, um den Schulbetri­eb bei hohen Ansteckung­szahlen unter Pädagogen und Schülern zu regeln. Der Plan müsse festhalten, „ab wie viel Prozent Quarantäne von Lehrkräfte­n, Schülerinn­en und Schülern weiter voller Präsenzunt­erricht geleistet werden kann“, sagte Lin-klitzing unserer Redaktion. Einheitlic­he Kriterien wie Inzidenz, Impfquote und Hospitalis­ierungsrat­e gewährleis­teten ein regional angepasste­s Handeln im Schulberei­ch.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Heinz-peter Meidinger, betonte, die KMK dürfe sich nicht darauf beschränke­n, nur immer ihr Ziel zu wiederhole­n, am Präsenzunt­erricht festzuhalt­en zu wollen. Eltern, Lehrkräfte und Schüler wollten wissen, „was die Kultusmini­ster zu tun gedenken, wenn tatsächlic­h eine große Omikron-welle durch die Schulen rollen sollte“, sagte Meidinger unserer Redaktion. Es gebe viele mögliche Instrument­e jenseits von Schulschli­eßungen, etwa Maskenpfli­cht, tägliche Testungen und Abstandsre­geln in Schulen. Ob man dagegen mit den jetzigen Maßnahmen die Schulen dauerhaft offen halten könne, wenn das hochinfekt­iöse Omikron-virus zuschlage, sei zu bezweifeln.

Schülerver­treter beklagen derweil eine weiterhin mangelnde technische Ausstattun­g für den Distanzunt­erricht und fordern daher, am Unterricht vor Ort festzuhalt­en. „Schülerinn­en und Schüler wollen, dass die Schulen offen bleiben“, sagte Katharina Swinka, Generalsek­retärin der Bundesschü­lerkonfere­nz, auf Anfrage. „Der digitale Unterricht ist einfach immer noch nicht so weit, wie er sein sollte“, kritisiert­e sie. So bräuchten Lehrkräfte Fortbildun­gen für den Digitalunt­erricht.

Überdies verlangte Swinka für Kinder und Jugendlich­e weiterhin regelmäßig­e Testmöglic­hkeiten: „Täglich für diejenigen, die nicht geimpft sind, mindestens dreimal die Woche für die Geimpften.“Die Politik müsse dies gewährleis­ten.

„Schülerinn­en und Schüler wollen, dass die Schulen offen bleiben.“

Katharina Swinka, Generalsek­retärin der Bundesschü­lerkonfere­nz

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FOTO: INA FASSBENDER / AFP VIA GETTY IMAGES Maske statt Distanzunt­erricht: Kinder lernen meist lieber und besser in der Schule als zu Hause.

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