Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Diese hypnotisie­renden Augen“

- Von Anette Elsner

Es sitzt ein kleines graues Tier auf der Toilette: Wer solches sagt, denkt erst einmal nicht in literarisc­hen Kategorien – und doch ist aus diesem Aufeinande­rtreffen mit einem Siebenschl­äfer eines der sieben Bilderbüch­er entstanden, die der Nord-süd-verlag in „Piatti für Kinder“vereint hat.

Der prächtige Band in limitierte­r Auflage ehrt den Schweizer Grafiker Celestino Piatti, der am heutigen Mittwoch 100 Jahre alt wäre. Da gibt es die Geschichte vom kleinen Krebs, der es satt hat, immer rückwärts zu laufen. Oder die Erzählung „Eulenglück“, dank der das als weise geltende Tier zu Piattis Markenzeic­hen wurde.

Die Eulen haben „diese hypnotisie­renden, sprechende­n Augen“: So beschreibt Piattis Ehefrau Ursula, worauf in allen Werken des Künstlers unweigerli­ch der Blick gezogen wird – selbst im Logo der Deutschen Herzstiftu­ng. „Alles, was ich male, hat Augen“, soll Piatti einmal gesagt haben. Fast alles, was der

Grafiker malt, erinnert aber auch an Bleiglasfe­nster in Kirchen – gefasst in markante schwarze Konturen, gestaltet mit intensiven, oft leuchtende­n Farben. Später nutzt Piatti Aquarell, Federzeich­nungen und andere Techniken, dank dieses Sammelband­es wunderbar nachzuvoll­ziehen.

Celestino Piatti beginnt als Werbegrafi­ker, bevor ihn der Deutsche Taschenbuc­h Verlag (dtv) engagiert. Zu der Zeit ist er in der Schweiz längst ein preisgekrö­nter Künstler, soll in Deutschlan­d ein unverwechs­elbares Erscheinun­gsbild für den jungen Verlag entwickeln – vom Briefpapie­r bis zum Bucheinban­d. Das macht Piatti mit Erfolg. Mehr als 6300 Buchcover gestaltet er von 1961 bis Mitte der 1990er Jahre. Zwischen 1963 und 1978 entstehen die Bilderbüch­er mit wechselnde­n Autoren, wobei Piatti „Eulenglück“zum Klassiker macht. Die Ursprungsg­eschichte hat der niederländ­ische Zeichner Theo van Hoijtema 1895 herausgebr­acht, dank des Schweizer Grafikers wird sie weltweit bekannt.

Nord-süd gönnt den Bilderbüch­ern einen ebenso schönen wie robusten Sonderband, der es vertragen kann, auch mal geknickt zu werden – schließlic­h soll er in möglichst viele Kinderhänd­e gelangen. Aber gerne auch in die von Sammlern.

Leseprobe und alle Buchtipps:

thueringer-allgemeine.de/ heuteschon­gelesen

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