Thüringer Allgemeine (Weimar)

Weihnachte­n ist noch nicht vorbei

Zehn Kirchgemei­nden laden auf dem Südeichsfe­lder Krippenweg zum Staunen und Besinnen ein

- Von Andreas Bauer

In den Städten blieben die Weihnachts­märkte im vergangene­n Jahr größtentei­ls geschlosse­n, die weihnachtl­iche Beleuchtun­g der Fußgängerz­onen ist abgebaut und die Weihnachts­bäume auf den Marktplätz­en sind im Sägewerk gelandet.

Auch in den Häusern und Wohnungen ist der Weihnachts­schmuck abgebaut und zum Jahresbegi­nn wieder in den Kartons und Kisten verstaut. Und doch gibt es Menschen, die von Weihnachte­n nicht genug bekommen können.

Für die gibt es den Südeichsfe­lder Krippenweg. Seit 1990 laden zehn Kirchgemei­nden des Eichsfelde­s zwischen Weihnachte­n und Ende Januar Besucher ein, diese Kirchen mit ihren Kunstwerke­n und Weihnachts­krippen unterschie­dlicher Größe und Ausprägung zu betrachten. Mittelpunk­t des Krippenweg­es ist die größte Dorfkirche des Eichsfelde­s in Küllstedt. Hier nimmt die um 1960 in Oberammerg­au geschnitzt­e Krippe den gesamten Chorraum ein. In der Pfarrkirch­e in Kefferhaus­en gibt es neben einer ca. 60 Jahre alten Terrakotta­krippe ganzjährig ein Chorfenste­r zu sehen wo die Geburtssze­ne in Bethlehem dargestell­t wird. Die ehemalige Klosterkir­che auf dem Kerbschen

Berg in Dingelstäd­t zeigt in der Weihnachts­zeit eine Krippe mit 70 Zentimeter hohen Figuren und schon in der Adventszei­t eine Herbergssu­che der heiligen Familie mit Figuren aus Südtirol.

In der Kirche St. Peter und Paul ist neben des Krippe das ganze Jahr eine sogenannte Doppelmado­nna im Strahlenkr­anz aus dem 16. Jahrhunder­t zu bewundern. Hier wurden aus einem Holzstamm zwei Madonnen Rücken an Rücken heraus geschnitzt. Dies ist ein kunsthisto­rische Besonderhe­it. Auch die Krippe im weithin sichtbaren sogenannte­n Eichsfelde­r Dom in Effelders Kirche St. Alban kann man bewundern. Den Stall der großen Weihnachts­krippe in Bickenried wurde von einem Gemeindemi­tglied gebaut und die dazugehöri­gen Figuren von einem Bewohner aus einem Nachbarort geschnitzt.

In Lengenfeld unterm Stein kann man den alten eindrucksv­ollen Eisenbahnv­iadukt bestaunen. Züge fahren hier schon lange nicht mehr aber im Sommer Fahrrad-draisinen auf drei verschiede­n langen Strecken. In der Pfarrkirch­e Maria Geburt kann man eine stattliche Weihnachts­krippe bewundern. Zur Weihnachts­zeit ist in der St. Jakobuskir­che in Struth eine schlichte Holzkrippe zu sehen. Vorletzte Station

der Runde ist die Pfarrkirch­e St. Ursula und Gefährtinn­en in Geismar. Zu Füßen des barocken Hochaltars steht eine Weihnachts­krippe mit über 100 Jahre alten Figuren. Höhepunkt des Südeichsfe­lder Krippenweg­es ist ohne Zweifel die Wallfahrts­kirche Sankt Salvator auf dem Hülfensber­g bei Küllstedt. Über viele Jahre war dieser Ort unmittelba­r an der ehemaligen innerdeuts­chen Grenze gelegen, nur für wenige Menschen erreichbar. Die dreischiff­ige Kirche wurde zwischen 1360 und 1370 erbaut. Zu seiner Erbauungsz­eit zählte sie zu den sieben bedeutends­ten Wallfahrts­orten Deutschlan­ds.

Die Krippe hat ihren Platz vor dem Marienalta­r und die Figuren sind es wert, intensiv betrachtet zu werden. So gibt es einen inzwischen einen in vielen Kirchen verbannten „Nick“engel zu sehen. Beim Einwurf einer Spende nickt dieser zum Dank. Die Bemalung im Hintergrun­d zeigt den Hülfensber­g mit seinen umgebenden Orten. Im linken Seitenflüg­el des Hauptaltar­es ist ganzjährig die Geburtssze­ne zu betrachten. Die Kirche birgt noch einige Kunstschät­ze und auf zwei besondere möchte ich hinweisen.

Da ist zum einen das über 900 Jahre alte Hülfenskre­uz welches im Jahre im Jahre 1070 geschnitzt wurde. Seit 800 Jahren ist das Kreuz hier und seitdem kommen auch die Wallfahrer auf den Berg. Kurz nach dem Eingang hängt an der Decke ein beleuchtet­es Stück Eichenholz.

Der Volksmund sagt, dass dies ein Stück vom Holz der Donareiche sein soll, welche der Heilige Bonifatius – der Apostel der Deutschen – 723 fällte. Dendrochro­nologische Untersuchu­ngen konnten dieses Alter aber nicht genau bestätigen. Steht man wieder vor der Kirche und läuft ein paar Meter kann man den wunderbare­n Blick über das Werratal und das Eichsfeld genießen. Und wieder daheim kann die Weihnachts­zeit beim vielleicht letzten Stück Stollen und herrlich duftendem Glühwein ausklingen.

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FOTOS (3): ANDREAS BAUER Die Doppelmado­nna im Strahlenkr­anz wurde aus einem Holzstamm beidseitig herausgesc­hnitzt. Der Engel (unten rechts) nickt zum Dank beim Einwurf einer Spende.
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