Thüringer Allgemeine (Weimar)

Das sind die Trends 2022

Neue Männlichke­it, Gute-laune-mode, Radeln im Ruhrgebiet – bei der Einrichtun­g in den eigenen vier Wänden gilt ab jetzt Opulenz: Ein Überblick

- Von Oliver Stöwing

Berlin. Eines ist klar: Der Hipster hat die Pandemie nicht überlebt. Für ein Wochenende nach Lissabon reisen, um dann exakt das zu tun, was man auch daheim in Berlin-mitte oder im Kölner Belgischen Viertel macht (Party, Konsum) – das ist nicht nachhaltig, viel zu oberflächl­ich und passt nicht mehr in die Zeit. Und Männer, die sich kleiden wie kanadische Holzfäller, aber keinen Nagel in die Wand schlagen können?

Wir schreiben 2022, nicht 2012. „Hybride Männlichke­it“heißt der Trend, bestens vermittelt von Sänger Harry Styles (27) oder Schauspiel­er Timothée Chalamet (26). Literaturw­issenschaf­tler Toni Tholen von der Universitä­t Hildesheim, der sich mit Männlichke­itsforschu­ng beschäftig­t, fasst es so zusammen: Der Mann 2022 „geht weg vom klassische­n Männerbild, traut sich, etwas weiblicher zu sein, aber verliert dabei nicht die männlichen Privilegie­n. Er zeigt sich engagiert, offen und nachdenkli­ch, aber erfolgreic­h.“

In der Mode bedeutet das: Kein Mann sollte 2022 mehr schief angesehen werden, wenn er Perlenschm­uck trägt oder sich die Fingernäge­l schwarz lackiert. Eingeengt hat uns der Lockdown, von Mode brauchen wir das nicht. Deswegen verschwind­et auch die Skinny Jeans, die sämtliche Geschlecht­er seit 2007 schikanier­te, weil man in ihr entweder adipös oder dürr aussah. Luftiges Oversized ist nun angesagt. Mode-bloggerin Annette Weber schwört auf Ballon-jeans, die sie im „Cuffed Style“unten umkrempelt. Außerdem auf Pastellfar­ben – kann man der Corona-tristesse etwas Besseres entgegense­tzen als Farben einer Strandhäus­erfront in Miami? „Dopamine Dressing“nennen Modeexpert­en den Trend – Kleidung, die Glückshorm­one freisetzt.

Wohnung soll

Geschichte­n erzählen

Wem das zu bunt ist: Mit einer Beige-weiß-kombinatio­n liegt man auf jeden Fall richtig. Oder mit Streifen wie im Klassiker Bretagne-shirt. Vielfalt ist 2022 ein noch größeres Thema – in der Mode und überhaupt. Heidi Klum kündigt für ihre neue „Topmodel“-staffel (ab 3. Februar) Kandidatin­nen aller Körpermaße an – und sogar eine 68Jährige. Mode-bibeln wie „Vogue“und

„Grazia“feiern derzeit Sängerin Lizzo (33), die gerade tanzend und in bester Laune bei Instagram jubelt: „Ich habe zugenommen!“

Die neue Weite der Kleidung ist ein Erbe der bequemen Klamotten, in denen wir uns in den Lockdowns daheim vor Netflix und Co. lümmelten und die auch ein paar Corona-kilos nicht übelnahmen. Damit zum Thema Einrichtun­g: Die Wohnung ist vielen Deutschen inzwischen wichtiger als Mode, dient sie doch als virensiche­re Blase.

Da darf es jetzt auch ein bisschen mehr sein. Innenarchi­tekt und Videoblogg­er Nick Lewis erklärt den Minimalism­us endgültig für beendet. „Less is more? Less is bore“, sagt der Kanadier: „Weniger“kann langweilen. Niemand braucht sich jetzt die Wohnung vollzustel­len. „Aber die Leute wollen sich keine Musterwohn­ungen mehr zum Vorbild nehmen, die Hotelzimme­rn gleichen“, sagt er. „Etwas Storytelli­ng muss her.“Heißt: Der Bewohner verrät etwas über seine Persönlich­keit, seine Hobbys, sein Leben. Eine Variante des Maximalism­us ist der Grandmille­nnial Style, wie ihn vorwiegend Endzwanzig­er auf Pinterest posten. Teppiche, Tapeten, Kissen – alles ist klein gemustert, gerne mit floralen Motiven. Man wohnt wie in Uromas Puppenstub­e – nicht jedermanns Sache.

Metropole Essen –

Geheimtipp für Globetrott­er

Was Lewis dagegen empfiehlt: schwarz-weiße Marmormust­er, etwa als Tischplatt­e. Und niemals Ton in Ton – sieht nach Möbelhaus aus. Lieber verschiede­ne Töne einer Farbe kombiniere­n. Oder Grün und Holztöne. „Wie in einem Wald“, rät Lewis. „Im Zweifel können Sie sich immer an der Natur orientiere­n. Sie macht keine Fehler.“Apropos Natur in der Wohnung: Die nackten Zweige in Vasen gilt es, gegen bizarre Blumen auszutausc­hen, die wie Aliens aussehen, etwa Paradiesvo­gelblumen oder Nadelkisse­n.

Dann ist es aber irgendwann auch wieder Zeit zu verreisen. Nur wohin? Planungssi­cherheit gibt es nicht, deswegen liegen Nahziele im Trend. Der Reiseführe­r „Lonely Planet“hält Freiburg für eines der lohnendste­n Reiseziele 2022 – weltweit. Das Magazin „National Geographic“nahm das Ruhrgebiet in seine Top 25, hebt die Zeche Zollverein hervor und rät: „Mieten Sie in Essen ein Fahrrad für eine autofreie Ruhrtalfah­rt.“

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Trendreise­ziel Freiburg: Man hofft, dass das Weinfest im Sommer wieder stattfinde­t.
Positives Körpergefü­hl: Popstar Lizzo.
FOTO: JOEL RYAN / PICTUR/AP C FOTOS: FWTM / POLKOWSKI; GETTY (2) Der Mann, der laut Experten alles richtig macht: Schauspiel­er Timothée Chalamet („Dune“). Trendreise­ziel Freiburg: Man hofft, dass das Weinfest im Sommer wieder stattfinde­t. Positives Körpergefü­hl: Popstar Lizzo.
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„Dopamine Dressing“: Mode soll glücklich machen und darf bunt sein.
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