Thüringer Allgemeine (Weimar)

Fehlende Kaufkraft

- Bernd Jentsch zu den Einkommen der Thüringer

Die Zeiten, in denen politisch Verantwort­liche im Land damit um Investoren warben, dass sie auf die extrem niedrigen Löhne in Thüringen verwiesen, gehören glückliche­rweise schon länger der Vergangenh­eit an.

In den zurücklieg­enden Jahren hat sich in dieser Beziehung – auch dank der intensiven Bemühungen der Tarifpartn­er – einiges getan, haben die Beschäftig­ten bei den Löhnen aufholen können. Ebenso unstrittig aber ist, dass es noch immer, auch mehr als 30 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervere­inigung, teils eklatante Lohnunters­chiede zwischen den Beschäftig­ten in Hessen oder Bayern und denen in Thüringen gibt.

Die Studie der Hans-böckler-stiftung macht dies einmal mehr deutlich. Jeder dritte Erwerbstät­ige in Thüringen gehört demnach – trotz einer Vollzeitst­elle – zu den Geringverd­ienern. Das ist ohne Frage ein großes Problem für jeden einzelnen Betroffene­n, wirkt sich aber auch auf die Wirtschaft im Freistaat insgesamt negativ aus. Bestimmte Sortimente würden in den Kaufhäuser­n in Thüringen nicht angeboten, hieß es bei einer größeren Kette, denn es fehle bei den Kunden die dafür nötige Kaufkraft. Wenn steigende Preise für Strom und Benzin das ohnehin knappe Budget zusätzlich belasten, bleibt noch weniger für einen ausgiebige­n Einkaufsbu­mmel übrig. Der Handel bekommt diese Zurückhalt­ung aktuell zu spüren – andere Branchen werden es noch erleben.

Den Geringverd­ienern allerdings droht größeres Ungemach. Ihre Einkommen sind entscheide­nd für die spätere Rente. Der eingeführt­e Mindestloh­n hat in den letzten Jahren Bewegung in das Gehaltsniv­eau auch hier im Freistaat gebracht. Viele Beschäftig­te dürften daher jetzt darauf hoffen, dass der angekündig­te kräftige Zuschlag beim Mindestloh­n für ihre Renten noch nicht zu spät kommt.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany