Fehlende Kaufkraft
Die Zeiten, in denen politisch Verantwortliche im Land damit um Investoren warben, dass sie auf die extrem niedrigen Löhne in Thüringen verwiesen, gehören glücklicherweise schon länger der Vergangenheit an.
In den zurückliegenden Jahren hat sich in dieser Beziehung – auch dank der intensiven Bemühungen der Tarifpartner – einiges getan, haben die Beschäftigten bei den Löhnen aufholen können. Ebenso unstrittig aber ist, dass es noch immer, auch mehr als 30 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung, teils eklatante Lohnunterschiede zwischen den Beschäftigten in Hessen oder Bayern und denen in Thüringen gibt.
Die Studie der Hans-böckler-stiftung macht dies einmal mehr deutlich. Jeder dritte Erwerbstätige in Thüringen gehört demnach – trotz einer Vollzeitstelle – zu den Geringverdienern. Das ist ohne Frage ein großes Problem für jeden einzelnen Betroffenen, wirkt sich aber auch auf die Wirtschaft im Freistaat insgesamt negativ aus. Bestimmte Sortimente würden in den Kaufhäusern in Thüringen nicht angeboten, hieß es bei einer größeren Kette, denn es fehle bei den Kunden die dafür nötige Kaufkraft. Wenn steigende Preise für Strom und Benzin das ohnehin knappe Budget zusätzlich belasten, bleibt noch weniger für einen ausgiebigen Einkaufsbummel übrig. Der Handel bekommt diese Zurückhaltung aktuell zu spüren – andere Branchen werden es noch erleben.
Den Geringverdienern allerdings droht größeres Ungemach. Ihre Einkommen sind entscheidend für die spätere Rente. Der eingeführte Mindestlohn hat in den letzten Jahren Bewegung in das Gehaltsniveau auch hier im Freistaat gebracht. Viele Beschäftigte dürften daher jetzt darauf hoffen, dass der angekündigte kräftige Zuschlag beim Mindestlohn für ihre Renten noch nicht zu spät kommt.