Thüringer Allgemeine (Weimar)

Schwierige Augenarzt-suche außerhalb der Sprechzeit­en

Eine Thüringer Familie braucht in einem dringliche­n Fall mehrere Anläufe und viel Zeit am Telefon, bis ihr endlich geholfen wird

- Von Sibylle Göbel

Termine bei Augenärzte­n sind in vielen Regionen Thüringens schon unter normalen Umständen rar. Noch rarer aber sind sie zu den Zeiten, in denen die Praxen geschlosse­n haben. Das hat kurz nach Weihnachte­n auch eine Familie aus dem Weimarer Land erfahren müssen. Was war geschehen?

Der Sohn der Familie hatte sich am Abend des 28. Dezember leicht am Auge verletzt. Da eine Rötung auftrat, wollte die Familie das vorsichtsh­alber am anderen Tag abklären lassen. Doch der Versuch, gleich am Morgen einen Augenarzt in der Region zu erreichen, lief ins Leere: „Bei allen sprang nur der Anrufbeant­worter

mit dem Hinweis auf Urlaub und den kassenärzt­lichen Bereitscha­ftsdienst an“, berichtet der Familienva­ter.

Minutenlan­ge Ungewisshe­it in Warteschle­ifen

Um 9 Uhr wählte er die bundesweit einheitlic­he Nummer 116 117, unter der ihn eine lange Ansage erwartete, ehe er mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Thüringen (KV) verbunden wurde. „Per Zifferntas­te konnten wir mitteilen, dass wir einen Facharzt-bereitscha­ftsdienst benötigen. Daraufhin landeten wir in einer Warteschle­ife, bis uns nach neun Minuten ein Mitarbeite­r mitteilte, er könne erst ab 10 Uhr sagen, welcher Augenarzt Notdienst habe, denn erst dann erscheine diese Angabe auf seinem Rechner.“Kurzerhand erkundigte sich die Familie bei der Zentrale des Weimarer Klinikums, ob es dort einen augenärztl­ichen Notdienst gibt. Nein, hieß es, aber man könne sich an die Augenklini­ken in Erfurt und Jena wenden – oder eben an die KV. Welcher Augenarzt Bereitscha­ftsdienst habe, wisse man nicht.

Da es der Familie aber nur um eine Abklärung ging, verzichtet­e sie auf die Fahrt nach Erfurt oder Jena. Anrufe in der Zentralkli­nik Bad Berka und bei einem Allgemeinm­ediziner brachten sie nicht weiter. Also versuchte sie es kurz nach 10 Uhr erneut unter der 116 117, hing abermals neun Minuten in Warteschle­ifen,

um dann zu erfahren, dass man erst ab 13 Uhr zum Bereitscha­ftsdienst informiert werde. Beim dritten Anruf 13 Uhr und neuerliche­m zehnminüti­gem Warten sollte die Familie mit der diensthabe­nden Augenärzti­n verbunden werden – landete aber bei deren Anrufbeant­worter. Erst beim vierten Anruf und weiteren neun Minuten meldete sich die Ärztin. Eine halbe Stunde später wurde ihr der Sohn vorgestell­t.

„Es war glückliche­rweise nichts Schlimmes“, ist der Familienva­ter erleichter­t. Doch was, fragt er sich, wenn es sich um ein ernstes Problem gehandelt hätte? „Warum können Ärzte oder Kliniken keine Listen über diensthabe­nde Fachärzte bereithalt­en?“Aus Sicht der KV ist das nicht möglich. „Den Mitarbeite­rn der Telefonzen­trale wird erst mit Dienstbegi­nn der diensthabe­nde Arzt angezeigt“, sagt Kv-sprecher Matthias Streit. Hintergrun­d sei, dass Anrufer mit dem diensthabe­nden Arzt verbunden werden sollen, um gleich Details zu klären. Zudem werde so sichergest­ellt, dass tatsächlic­h der diensthabe­nde Arzt erreicht wird. Erkranke ein Arzt und tausche den Dienst mit einem Kollegen, nütze es wenig, wenn zuvor eine Bereitscha­ftspraxis als diensthabe­nd veröffentl­icht würde. In Thüringen, ergänzt Streit, teilten sich Augenärzte in acht Regionen in den Bereitscha­ftsdienst. In akuten Notfällen sollten sich Patienten an die Notrufnumm­er 112 wenden.

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Weimar.
SYMBOLFOTO: IMAGO STOCK Ein Kind wird beim Augenarzt untersucht. Weimar.

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