Über Umweg zu Professoren-titel
Ernst-abbe-hochschule Jena startet Projekt für Späteinsteiger in akademische Laufbahn
Jena. Nicht nur die Wirtschaft sucht händeringend nach Fachkräften, auch die Fachhochschulen benötigen Lehrkräfte. Die Jenaer Ernstabbe-hochschule eröffnet deshalb mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums Späteinsteigern die Chance, doch noch zum Professoren-amt zu gelangen.
„Geeignete Personen für Professoren-stellen zu bekommen, gestaltet sich in einigen Fachbereichen schwierig“, sagt Kristin Mitte, Psychologieprofessorin und Vizepräsidentin Forschung und Entwicklung an der Jenaer Hochschule. Sie freut sich deshalb über den Zuschlag für das Pilotprojekt „Karriereweg Professur an der Ernst-abbe-hochschule Jena“(KAP@EAH) mit einer Fördersumme von drei Millionen Euro in sechs Jahren. Zum Zuge bei dem Bundesprogramm kamen auch die Hochschulen in Nordhausen und Schmalkalden.
Als ein Programmbestandteil setzen die Jenaer darauf, Menschen über 30 Jahren, die bereits im Beruf gearbeitet haben, doch noch die Promotion zu ermöglichen. Insgesamt sechs Teilnehmer haben die Chance, über vier Jahre an einem selbstgewählten Thema zu forschen und den Doktortitel zu erwerben. Jener ist die Voraussetzung für die Berufung auf eine Professorenstelle an einer Hochschule der Angewandten Wissenschaften.
Die Kandidaten erhalten parallel zu ihrer Promotion auch didaktische Kenntnisse für die Lehrveranstaltungen vermittelt und dürfen diese bereits halten. Dank der Fördergelder bekommen sie eine volle Stelle und müssen finanziell nicht so große Abstriche machen beim Schritt aus der Wirtschaft zurück an die Hochschule.
Zum 1. Januar sind mit Marina Skiba, Susann Detko und Oliver Reimer die ersten drei Teilnehmer ins Programm gestartet. Für sie beginnt zunächst die Orientierungsphase, welches Promotionsthema sie genau wählen und welche Universität als Partner infrage kommt.
Fachhochschulen selbst verfügen über kein Promotionsrecht. „Ich hätte gern schon nach dem Studium promoviert, habe mich aber aus familiären Gründen zunächst fürs Arbeiten entschieden“, sagt Susann Detko, die nun ihren Doktortitel im Sozialwesen anstrebt. Die anderen beiden promovieren in Elektrotechnik und Lasermaterialbearbeitung.
Sie hatten mit ihrer Forschungsidee, ihren bisherigen Leistungen und im Bewerbungsgespräch überzeugt. Insgesamt zählte die Ernstabbe-hochschule 40 Kandidaten. „Die Zahl und Qualität der Bewerbungen hat uns positiv überrascht. Wir leiten daraus ab, dass es großen Bedarf gibt“, sagt Thomas Schmidt, der neben Stefanie Küster das Projekt koordiniert. Im zweiten Halbjahr ist die nächste Bewerbungsphase für einen Start im Jahr 2023 geplant. Personen über 30, die eine erste Forschungsidee, einen Hochschulabschluss und mindestens drei Jahre Berufserfahrung mitbringen, können sich bewerben.
In einem zweiten Programmbaustein will die Jenaer Hochschule Professorinnen und Professoren, die neu berufen sind, den Einstieg erleichtern, in dem sie nicht sofort das volle Soll an Lehre erbringen müssen. Den dritten Projektteil bildet eine Kampagne in den sozialen Netzwerken, um den Weg zur Professur zu beleuchten.