Mut zusprechen, wo andere hänseln
Die Autorin Ilka Brühl wirbt für Toleranz und Charakterstärke. Sie selbst hat viele verletzende Bemerkungen hören müssen
Erfurt. „Schweinenase“lautet das erste Wort in Ilka Brühls Biografie. Die junge Braunschweigerin schildert darin, wie ein Schuljunge sie hänselte. Die erste Szene des Buchs umreißt, womit die 29-Jährige sich viele Jahre auseinandersetzen musste. Sie wurde mit einer Lippenspalte geboren, ein Teil ihres Gesichts war nicht richtig zusammengewachsen. Trotz mehrerer Operationen bleibt die Fehlbildung deutlich erkennbar.
Selbstzweifel, Sorgen und auch manche Hänselei gehörten und gehören zu Ilka Brühls Alltag. Sie hat gelernt damit umzugehen. „Beleidigungen treffen mich schon lange nicht mehr“, sagt sie. Doch zufriedengeben will sie sich damit nicht. „Es gibt viele, die auf ihrer Reise zum Selbst noch nicht so weit sind wie ich. Denen möchte ich helfen.“
Brühl sieht sich als Mutmacherin und als
Lotsin. Ihre Zielgruppe sind grundsätzlich alle Menschen, die mit Selbstzweifeln kämpfen. Sie erreicht sie auf Facebook und Instagram. Sie schreibt ein eigenes Blog und produziert einen Podcast unter dem Titel „Du bist wunderbar“. „Da kann ich alles thematisieren, was mir am Herzen liegt“, sagt sie.
Viele Influencer präsentierten sich immer gut gelaunt, seien stets perfekt gestylt und vermittelten so ihren Followern ein unerreichbares Ideal und eine Fantasiewelt. „Ich will anders sein“, betont Brühl. „Ich zeige mich nicht nur an meinen besten Tagen. Zwar bin ich grundsätzlich positiv eingestellt, aber ich habe auch melancholische Phasen, die ich nicht verstecken will.“Mehr als 34.000 Menschen folgen ihr bei Instagram. „Ich allein mache für sie vielleicht keinen großen Unterschied. Aber ich bin eine Stimme.“
Der Kampf für mehr Akzeptanz ist ihr wichtig. Sogar gegen Widerstände in der eigenen Familie setzte sie ihn durch, etwa als sie dafür ihren Job als Maschinenbau-ingenieurin bei VW aufgab.
Als freiberufliche Autorin und Illustratorin versucht Brühl, ihre Werte auch über Bücher an Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Gerade
Kinderbücher faszinieren sie. „Die haben in der Kürze eine tolle Message!“Ihr erstes Buch „Milo, der Naschkater“erzählt die Geschichte vom Vegetarier Milo, der sich am liebsten von süßem Kuchen ernährt. Damit lebt auch Milo den Lesern Andersartigkeit vor. Sorgsam hat Brühl diese Botschaft in den Hintergrund gestellt. „Wichtig für die Kinder ist doch vor allem eine tolle Geschichte“, sagt sie.
Ilka Brühl: „Anders schön – wie ich lernte, mich selbst zu lieben“, 152 Seiten, Patmos, 20 Euro und „Milo – der Naschkater“, 32 Seiten, 14,90 Euro