Thüringer Allgemeine (Weimar)

„Das ist ein Politikwec­hsel“

Die CDU im Landtag knüpft ihr Ja für den Landesetat 2022 an harte Bedingunge­n

- Von Martin Debes

Erfurt. Politiker lieben Sprachbild­er. Fußball geht immer, muss aber nicht. „Weihnachte­n ist vorbei, genauso wie der Stabilität­spakt“, sagt also Mario Voigt am Donnerstag­vormittag im Landtagssa­al der Cdu-fraktion, die er seit fast zwei Jahren leitet. Das, was er hier präsentier­e, sei auch „keine Wunschlist­e“. „Das ist eine Bedingungs­liste.“

Diese Liste umfasst sieben eng bedruckte Seiten. Selbst nach Abzug aller Thüringen-poesie („Das grüne Herz muss wieder kraftvoll schlagen“) bleibt einiges übrig, was die CDU der rot-rot-grünen Minderheit­skoalition binnen vier Wochen abringen will. Denn genau vier Wochen sind noch Zeit, bis das Parlament das wahrschein­lich wichtigste Gesetz dieses Jahres verabschie­den will: den Landeshaus­halt für 2022. Bis dahin sollen die Forderunge­n der CDU erfüllt werden. „Das ist ein Politikwec­hsel“, sagt Voigt, „das wird das Jahr des Umsteuerns.“

Und so soll umgesteuer­t werden: Thüringen soll in diesem Jahr 300 Millionen weniger ausgeben. Statt den 12,1 Milliarden Euro, die im Entwurf der rot-rot-grünen Minderheit­sregierung stehen, dürften es gemäß Voigt nur noch 11,8 Milliarden Euro sein. Gleichzeit­ig soll es aber mehr Geld geben, für Gemeinden und Städte oder für den Coronafond­s, aber auch für Dorfläden, Kommunalst­raßen, ländliche Geburtssta­tionen, digitale Schulen oder die Feuerwehr. Das alles summiert sich auf annähernd 345 Millionen Euro.

Doch wie soll das gehen: sparen und gleichzeit­ig mehr ausgeben? Theoretisc­he 82 Millionen Euro kommen aus dem erwarteten Plus der jüngsten Steuereinn­ahmeprogno­se – von dem Finanzmini­sterin

Heike Taubert (SPD) aber längst angekündig­t hat, dass damit der Pandemiefo­nd aufgefüllt werden soll.

100 Millionen Euro hat die Fraktion im Etat zusammenge­kratzt, darunter bei bislang unbesetzte­n Stellen oder dem von Rot-rot-grün beschlosse­nen Landesflüc­htlingspro­gramm. Und eine halbe Milliarde Euro soll aus einer prozentual­en Kürzung aller nicht gesetzlich gebundenen Ausgaben kommen.

Für dieses grobe Instrument, das Haushälter „globale Minderausg­abe“

nennen, gibt es die Umschreibu­ng „Rasenmäher“. Aber Sprachbild­ner Voigt redet lieber von „Generation­endividend­e“. Das klingt beinahe so, als werde Geld verteilt, obwohl es gestrichen werden soll.

Die Liste besitzt noch einen Anhang an längst eingebrach­ten Cdugesetze­ntwürfen und neuen Forderunge­n. Als da wären: Videoüberw­achung, Bodycams für Polizisten, Deregulier­ung von Vergabe- und Ladenöffnu­ngsgesetz, ein Personalab­bauplan bis 2030, ein neuer Krankenhau­splan. . . Dies und noch viel mehr soll „haushaltsb­egleitend“(Voigt) abgearbeit­et werden.

Aber was , wenn da Rot-rot-grün nicht mitmacht? Wird dann die CDU nicht die nötigen Stimmen für die Mehrheit im Landtag liefern? Gibt es dann keinen Etat und Neuwahlen? Oder muss die FDP ran?

Das Einzige, was Voigt auf Nachfragen ausschließ­t, ist eine Enthaltung. Ansonsten sagt er einerseits: „Wir sind nicht dafür da, Mehrheitsb­eschaffer einer rot-rot-grünen Regierung zu sein.“Und anderersei­ts: „Uns sollte allen dran gelegen sein, einen Weg zu finden.“

Schließlic­h resümiert er: „Es wird ein hartes Ringen.“Dies war so ziemlich die einzige Feststellu­ng, die Linke, SPD, Grüne in ihren Reaktionen unwiderspr­ochen ließen.

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