Thüringer Allgemeine (Weimar)

Zeiss-geschichte in Bildern

Zum 175-jährigen Bestehen gibt das Unternehme­nsarchiv einen spannenden Band zur Firmenhist­orie heraus

- Von Ulrike Merkel

Jena. Stolz präsentier­t Carl Zeiss 1861 auf einer längst historisch­en gewordenen Fotografie eines seiner ersten zusammenge­setzten Mikroskope. Damals mussten dafür noch verschiede­ne Linsen so lange miteinande­r kombiniert werden, bis ein gutes Objektiv entstand. Zeiss, der zu jener Zeit seine Instrument­e bereits nach ganz Europa lieferte, hatte einen Traum: Anstelle dieses aufwendige­n Pröbelns wollte er die Objektivhe­rstellung auf ein wissenscha­ftliches Fundament stellen.

In Ernst Abbe aus Eisenach fand er einen genialen Partner. Nach jahrelange­n Forschunge­n gelang es ihm tatsächlic­h, Objektive zu berechnen. Als Abbe dann auch noch den jungen Chemiker Otto Schott an die Saale lockte, war das legendäre Jenaer Dreigestir­n komplett und der Grundstein für den heutigen Weltkonzer­n Zeiss gelegt.

Zum Jubiläum des Unternehme­ns hat das Zeiss-archiv unter Leitung von Wolfgang Wimmer einen fasziniere­nden Bildband herausgebr­acht: „175 Jahre Zeiss – Eine Geschichte in Bildern“hält die wichtigste­n Stationen in mehr als 300 starken Motiven fest. Unterteilt in vier Kapitel, stößt der Leser etwa auf die Fotos vom Bau des Jenaer Zeiss-planetariu­ms, wie seinerzeit die Kuppel montiert wurde.

Spannend sind etwa die Bilder aus der Fertigung: Auf einer Fotomontag­e von 1864 sitzt Meister August Löber mit seinen Lehrlingen aneinander­gereiht wie Orgelpfeif­en in der Optischen Werkstatt, um die Schritte der Objektivhe­rstellung zu veranschau­lichen. Aufnahmen von 1903 zeigen schon eine deutlich industriel­lere Produktion. Auch der Aufbau erster eigener Filialen, etwa in London, und die Entwicklun­g medizinisc­her Geräte sind auf Fotopapier gebannt.

Die Motive auf dieser Zeitungsse­ite stammen allesamt aus den ersten beiden Kapiteln des Bildbandes. Doch das Buch dokumentie­rt mehr: so die Unternehme­nsgeschich­te im geteilten Deutschlan­d, das neuerliche Zusammenge­hen von Zeiss West und Ost nach dem Mauerfall und das internatio­nale Wachstum der vergangene­n Jahre.

Nachdem die Zeiss-werke in Jena im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden waren, nahm die Us-army im Sommer 1945 führende Mitarbeite­r mit in den Westen. In Oberkochen gründeten sie ein neues Werk. Unterdesse­n wurden in Jena 94 Prozent der Betriebe als Reparation­sleistunge­n für die Sowjetunio­n demontiert. 1948 wird der ostdeutsch­e Unternehme­nsteil schließlic­h verstaatli­cht.

Um die Namensrech­te entbrennt ein jahrzehnte­langer Rechtsstre­it. Erst 1971 einigen sich beide Seite darauf, dass Oberkochen im Ostblock

als Opton auftritt, Jena in der westlichen Hemisphäre als Jenoptik.

Nach dem Mauerfall übernimmt Zeiss West das Kerngeschä­ft des ostdeutsch­en Kombinats. Zehntausen­de Mitarbeite­r verlieren damals ihre

Jobs. Heute ist Zeiss ein weltweit tätiges erfolgreic­hes Unternehme­n. „Nachdem lange Jahre vor allem das Halbleiter­geschäft die Umsatzloko­motive war, haben sich in den letzten Jahren auch die anderen Sparten dynamisch entwickelt“, lässt Wolfgang Wimmer die einleitend­en Worte enden.

Zeiss Archiv/ Wolfgang Wimmer (Hg.): „175 Jahre Zeiss: Eine Geschichte in Bilder“, Sutton Verlag Erfurt,

144 Seiten, 19,99 Euro

 ?? ?? In der Großgeräte­montage wurden um 1910 astronomis­che Instrument­e gebaut. Aber auch viele Aussichtsf­ernrohre entstanden hier.
In der Großgeräte­montage wurden um 1910 astronomis­che Instrument­e gebaut. Aber auch viele Aussichtsf­ernrohre entstanden hier.
 ?? ?? Die Jenaer Kinderklin­ik gehörte zu den Einrichtun­gen, die die Carl Zeissstift­ung besonders förderte. Dieses Bild um 1930 mit einem Kinderbett auf der Veranda ist unterschri­eben mit: „Essen im Freien schmeckt besser“.
Die Jenaer Kinderklin­ik gehörte zu den Einrichtun­gen, die die Carl Zeissstift­ung besonders förderte. Dieses Bild um 1930 mit einem Kinderbett auf der Veranda ist unterschri­eben mit: „Essen im Freien schmeckt besser“.
 ?? ?? Zunächst gab es wenige Frauen in den Werkstätte­n. Im Ersten Weltkrieg wurden viele eingestell­t, die nach Kriegsende wieder gingen. Erst allmählich wurde die Optikferti­gung zum Schwerpunk­t für die Arbeit von Frauen.
Zunächst gab es wenige Frauen in den Werkstätte­n. Im Ersten Weltkrieg wurden viele eingestell­t, die nach Kriegsende wieder gingen. Erst allmählich wurde die Optikferti­gung zum Schwerpunk­t für die Arbeit von Frauen.
 ?? FOTOS (3): ZEISS ARCHIV/CARL BRÄUNLICH ?? Stolz lässt sich Carl Zeiss im Jahr 1861 mit einem seiner ersten zusammenge­setzten Mikroskope fotografie­ren.
FOTOS (3): ZEISS ARCHIV/CARL BRÄUNLICH Stolz lässt sich Carl Zeiss im Jahr 1861 mit einem seiner ersten zusammenge­setzten Mikroskope fotografie­ren.
 ?? ?? Felix Schwarmstä­dt gestaltete um 1939 dieses Werbe-motiv, das vor allem zur Werbung für Tessar-objektive diente. Die Tessare gehören zu den am meisten verwendete­n Foto-objektivty­pen.
Felix Schwarmstä­dt gestaltete um 1939 dieses Werbe-motiv, das vor allem zur Werbung für Tessar-objektive diente. Die Tessare gehören zu den am meisten verwendete­n Foto-objektivty­pen.
 ?? ?? Die erste Vertriebsn­iederlassu­ng von Carl Zeiss entstand 1893 in London. Dort wurde 1913 auch eine der ersten Fabriken im Ausland eröffnet.
Die erste Vertriebsn­iederlassu­ng von Carl Zeiss entstand 1893 in London. Dort wurde 1913 auch eine der ersten Fabriken im Ausland eröffnet.
 ?? ?? Ernst Abbe im Todesjahr von Carl Zeiss 1888 kurz vor Gründung der Carl Zeiss-stiftung. Mit den von Abbe berechnete­n Mikroskop-objektiven und mit der Gründung des Jenaer Glaswerkes hatte Ernst Abbe dem Unternehme­n Carl Zeiss in den 1880er Jahren einen Wachstumss­chub verliehen.
Ernst Abbe im Todesjahr von Carl Zeiss 1888 kurz vor Gründung der Carl Zeiss-stiftung. Mit den von Abbe berechnete­n Mikroskop-objektiven und mit der Gründung des Jenaer Glaswerkes hatte Ernst Abbe dem Unternehme­n Carl Zeiss in den 1880er Jahren einen Wachstumss­chub verliehen.
 ?? ?? Otto Schott um 1890: Dritter im Bunde war Chemiker Otto Schott, der in langen Versuchsre­ihen Glassorten entwickelt­e, die für die Zwecke der Optik besser geeignet sind.
Otto Schott um 1890: Dritter im Bunde war Chemiker Otto Schott, der in langen Versuchsre­ihen Glassorten entwickelt­e, die für die Zwecke der Optik besser geeignet sind.

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