Thüringer Allgemeine (Weimar)

Putins brutale Söldner

Die heimliche Privatarme­e Gruppe Wagner ist dort aktiv, wo Russland Interessen verfolgt. Jetzt mehren sich die Berichte, dass die Kämpfer erneut in der Ukraine aktiv werden

- Von Christian Kerl

Berlin. Sie gilt als Russlands Schattenar­mee, ihren ersten Einsatz hatten Wladimir Putins heimliche Söldner zu Beginn des Ukrainekon­flikts 2014: Kämpfer der sogenannte­n Gruppe Wagner waren bei der Besetzung der Krim dabei. Als „grüne Männchen“ohne russische Uniformen und Hoheitszei­chen waren sie aber nicht eindeutig der russischen Seite zuzuordnen. Und sie kämpften in der Ostukraine auf der Seite der prorussisc­hen Separatist­en. Seitdem ist die Gruppe Wagner an zahlreiche­n Konflikten beteiligt – im Nahen Osten und in Afrika. Immer wieder unterstütz­t sie Putins hybride Kriege und geopolitis­chen Ziele.

Jetzt könnte die Privatarme­e zu ihren Ursprüngen zurückzuke­hren: Nach Us-medienberi­chten wurden Wagner-söldner bereits aus der Zentralafr­ikanischen Republik abgezogen und nach Russland verlegt, weitere Kämpfer sollen folgen. Ein Ableger der Schattenar­mee, die Taskforce Rusich, hat offenbar Mitglieder in die Ukraine einsickern lassen, Fotos zeigten sie in der Stadt Charkow im Nordosten des Landes. Eine Bestätigun­g für einen geplanten Einsatz in der Ukraine gibt es naturgemäß nicht, die Gruppe Wagner mit ihren geschätzt mindestens 3500 Soldaten agiert bevorzugt im Verborgene­n.

Us-geheimdien­ste erwarten Sabotageak­te in der Ukraine

Aber dieses Manöver würde in das Bild passen, das Us-geheimdien­ste von der Bedrohung der Ukraine zeichnen: Danach plant Russland, Agenten in die Ukraine einzuschle­usen, die dort unter falscher Flagge Sabotageak­te gegen die russischsp­rachige Bevölkerun­g oder gegen Separatist­en verüben – das würde Russland einen Anlass liefern, um offiziell die Ukraine anzugreife­n. „Wir haben Informatio­nen, wonach die Russen wahrschein­lich einen Vorwand für eine Invasion erfinden wollen“, sagt der Sprecher des Us-verteidigu­ngsministe­riums, John Kirby.

Die Gruppe Wagner wäre dafür bestens geeignet: In der Ukraine hat sie ihren Ursprung, sie kämpfte an der Seite der prorussisc­hen Separatist­en, angeführt vom Tschetsche­nien-kriegsvete­ran Dmitry Utkin, der ein Jahr zuvor seinen Dienst als Oberstleut­nant im russischen Militärgeh­eimdienst GRU beendet hatoftmals te. Utkin soll die Gruppe aus Veteranen und Ultranatio­nalisten nach dem deutschen Komponiste­n Richard Wagner benannt haben. Als Russland 2015 dann in den syrischen Bürgerkrie­g aufseiten von Machthaber Bashar al-assad eingriff, begann Utkin seine Söldner auch nachsyrien zu entsenden.

Utkin ging eine Zusammenar­beit mit dem Oligarchen und Putin-weggefährt­en Jewgeni Prigoschin ein, der unter anderem Luxusresta­urants betreibt und sich damit den Spitznamen „Putins Koch“erwarb. Unter Prigoschin­s Regie bauten beide die Gruppe zu einer Privatarme­e aus: mit Kämpfern, Ausbildern und Bodyguards für den Einsatz weltweit. Prigoschin soll Putin auch an anderen Fronten seiner hybriden Kriegsführ­ung zu Diensten sein. Us-ermittler halten ihn für den Hintermann einer Internettr­ollfabrik, die 2016 mit Fake News Wahlkampf für Donald Trump machte.

In Syrien waren die 2500 eingesetzt­en Söldner auch in die Kämpfe um Palmyra verwickelt, zahlreiche Wagner-mitglieder kamen ums Leben, andere fielen der Terrorgrup­pe „Islamische­r Staat“(IS) in die Hände. Russland ist so an Konflikten beteiligt, ohne selbst Soldaten in umstritten­e Einsätze schicken zu müssen.

Doch „Wagner ist eng, oft direkt mit dem russischen Staat verbunden“, analysiert der Russland-experte der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik (DGAP), András Rácz. Die Gruppe stütze sich auf die Infrastruk­tur des russischen Militärs. Obendrein versorge der russische Staat die Söldner auch mit Pässen: Die Dokumente seien von jener als zentrales Migrations­büro firmierend­en Passabteil­ung 770-001 ausgestell­t, die auch den Attentäter­n des Giftanschl­ags auf Sergej Skripal falsche Identitäte­n verschafft haben soll. Der Hauptstütz­punkt der Gruppe Wagner liegt in Molkino in der südwestrus­sischen Region Krasnodar. Der Verdienst für Söldner im Kampfeinsa­tz liegt bei 3000 Euro.

Mehr verdient die Firma: Die Gruppe Wagner wird in mehreren afrikanisc­hen Ländern mit Schürfrech­ten für Gold und Diamanten belohnt. Laut einem Un-bericht gibt es schwere Menschenre­chtsverlet­zungen wie wahllose Tötungen, die Plünderung von Schulen und exzessive Gewaltanwe­ndung. Die EU hat inzwischen Sanktionen gegen den Gründer Utkin, die Gruppe selbst sowie Mitglieder und drei mit Wagner verbundene syrische Öl- und Gasfirmen verhängt, ähnliche Sanktionen haben die USA beschlosse­n.

Der Eu-auenbeauft­ragte Josep Borrell sagt: „Die Aktivitäte­n der Wagner-gruppe sind Indiz für die hybride Kriegsführ­ung Russlands: Sie sind weltweit eine Bedrohung, verursache­n Instabilit­ät in einer Reihe von Staaten.“Jetzt wohl auch, was die EU und die USA besonders ärgert, in Mali. Dort sollen, so der Auswärtige Dienst der EU, „Hunderte russische Söldner“angekommen sein.

„Die Aktivitäte­n der Wagner-gruppe sind weltweit eine Bedrohung, verursache­n Instabilit­ät in einer Reihe von Staaten.“Josep Borrell, Eu-außenbeauf­tragter

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ARCHIVFOTO (2018): AFP VIA GETTY Söldner des Wagner-ablegers Sewa Security in der Zentralafr­ikanischen Republik.

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