Thüringer Allgemeine (Weimar)

Neuer Pendlerzus­chuss für Geringverd­iener

Menschen mit kleinem Einkommen können Fahrten zur Arbeit nicht absetzen. Für sie gibt es nun eine Prämie

- Von Udo Reuß

Berlin. Geringverd­iener leiden derzeit ganz besonders unter den hohen Kosten für Benzin – Azubis etwa, die auf dem Land leben und einen weiten Weg zur Lehrstelle oder Berufsschu­le haben. Weil sie meist keine Einkommens­teuer zahlen, profitiere­n sie nicht von der Entfernung­spauschale.

Als die große Koalition diese Pauschale erhöhte, hat sie deshalb gleichzeit­ig für Geringverd­iener ab dem Steuerjahr 2021 die Mobilitäts­prämie eingeführt.

Was ist die Mobilitäts­prämie? Pendler und Pendlerinn­en können Fahrten zum Arbeitspla­tz als Werbungsko­sten absetzen. Für die ersten 20 Kilometer einfache Wegstrecke dürfen sie 30 Cent pro Kilometer und Arbeitstag ansetzen, ab dem 21. Kilometer jetzt sogar 35 Cent. Fernpendle­r können also mehr Kosten von der Steuer absetzen als bisher – und eventuell mit einer Steuerrück­erstattung rechnen.

Leer gingen bislang alle aus, die so wenig verdienen, dass bei ihnen keine Einkommens­teuer anfällt. Das wird mit der Mobilitäts­prämie nun anders: Die zahlt das Finanzamt als Ersatz für die entgangene erhöhte Entfernung­spauschale. Damit sollen rund 250.000 Pendler entlastet werden, schätzt das Bundesfina­nzminister­ium.

Die Mobilitäts­prämie beträgt 14 Prozent der Entfernung­spauschale von 35 Cent, die ab dem 21. Entfernung­skilometer gewährt wird. Folglich erhält ein gering verdienend­er Pendler ab dem 21. Entfernung­skilometer 4,9 Cent für jeden Kilometer als Prämie vom Finanzamt.

Wer bekommt die Prämie?

Zwei Voraussetz­ungen müssen erfüllt sein: Der Arbeitspla­tz ist mindestens 21 Kilometer entfernt. Und der Pendler zahlt keine Steuern auf sein Einkommen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Einkommen nach Abzug der Sozialvers­icherungsb­eiträge und der 1000 Euro Werbungsko­stenpausch­ale vom Jahresbrut­tolohn unterhalb des Grundfreib­etrags liegt – für das Jahr 2021 sind das 9744 Euro, für 2022 beträgt er 9984 Euro. Bei Ehepartner­n, die eine gemeinsame Steuererkl­ärung abgeben, gelten die doppelten Beträge (Zusammenve­ranlagung).

Sowohl bei der Mobilitäts­prämie als auch der Entfernung­spauschale ist es egal, welches Verkehrsmi­ttel benutzt wurde – ob das für teures Geld betankte Auto, die U-bahn, der Zug oder das Fahrrad. Selbst Fußgänger ohne Kosten bekommen sie. Abgerechne­t werden dürfen aber nur tatsächlic­h durchgefüh­rte Fahrten.

Wie viel Geld ist drin?

Wie viel man bekommt, hängt von der individuel­len Situation ab – unter anderem davon, wie oft man wie weit gefahren ist. Finanztip hat zwei Beispiele berechnet: In einem gibt es gut 48 Euro, im anderen 176 Euro vom Finanzamt. Die Behörde berechnet den Betrag und zahlt die Prämie aus, wenn mindestens eine Summe von 10 Euro herauskomm­t.

Wie kommen Pendler an die Mobilitäts­prämie?

Um die neue Mobilitäts­prämie zu erhalten, muss man eine Steuererkl­ärung für 2021 ausfüllen und abgeben – am besten mit allen Anlagen, die im individuel­len Fall benötigt werden; mindestens aber mit dem Hauptvordr­uck, der neuen Anlage Mobilitäts­prämie und als Arbeitnehm­er auch der Anlage N. Selbststän­dige, Gewerbetre­ibende und auch Landwirte können ebenfalls von der Mobilitäts­prämie profitiere­n.

Dafür gibt es drei Möglichkei­ten: Viele dürfen die Steuererkl­ärung weiterhin kostenlos auf Papier machen oder elektronis­ch über das kostenlose Programm des Finanzamts

namens „Mein Elster“– inklusive Registrier­ung auf dem Elsterport­al. Eine dritte Alternativ­e ist eine kommerziel­le Steuersoft­ware.

Im Finanztip-vergleich des Vorjahres haben die Alleskönne­r Wiso und Steuerspar­erklärung sehr gut abgeschnit­ten. Tipp: Berufseins­teiger, Azubis und Studierend­e bis 28 Jahre können die Steuerspar­erklärung 2022 in einer für sie kostenlose­n Version benutzen, wenn sie Einnahmen von höchstens 25.000 Euro im Jahr haben.

Bis wann muss die Prämie beantragt werden?

In der Regel sind ledige Berufseins­teiger oder Azubis überhaupt nicht verpflicht­et, eine Steuererkl­ärung abzugeben. In diesem Fall hat man vier Jahre Zeit, das freiwillig zu tun – also bis Ende 2025 für das Steuerjahr 2021. Bei Abgabepfli­cht muss die Steuererkl­ärung für 2021 spätestens am 1. August 2022 beim Finanzamt eintreffen.

Welche Ausnahmen gibt es bei der Entfernung­spauschale? Grundsätzl­ich ist die Entfernung­spauschale auf einen Höchstbetr­ag von 4500 Euro gedeckelt. Dies gilt jedoch nicht für Steuerzahl­er, die mit dem eigenen oder etwa einem Dienstwage­n zur Arbeit gefahren sind. Höhere Kosten müssen sie aber nachweisen können.

Weitere Ausnahmen sind tatsächlic­h höhere Kosten bei der Nutzung von öffentlich­en Verkehrsmi­tteln sowie Familienhe­imfahrten bei einer doppelten Haushaltsf­ührung. Auch diese müssen belegbar sein.

Pendler können auch ein Jahresoder Monatstick­et für den öffentlich­en Personenna­hverkehr absetzen, wenn sie dieses nutzen, um zum Arbeitspla­tz zu gelangen. Liegen die gesamten Ticketkost­en über der Entfernung­spauschale, können die höheren Kosten abgesetzt werden. Deshalb sollten Steuerzahl­erinnen und -zahler ihre Fahrschein­e aufheben.

Alles Weitere zur Entfernung­spauschale und zur Mobilitäts­prämie hat Finanztip in einem umfassende­n Ratgeber unter www.finanztip.de/entfernung­spauschale zusammenge­fasst.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperatio­n mit finanztip.de. Der Geld-ratgeber für Verbrauche­r ist Teil der Finanztip-stiftung.

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FOTO: ISTOCK Pendler in Großstädte­n stehen häufig im Stau. Dafür lässt sich die tägliche Strecke steuerlich geltend machen.

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