Es lohnt, sich darauf einzulassen
Dnt-kapellmeister Andreas Wolf über sein Debüt und Glanerts Musikdrama „Caligula“
Weimar. An den Pulten zahlreicher Orchester hat sich Andreas Wolf bereits einen Namen als feinsinniger Gestalter gemacht. Vom Barock bis über die Moderne überzeugen seine Interpretationen durch Vielfalt und Klangsinn. Mit dem Beginn dieser Spielzeit übernahm der gebürtige Regensburger die Position des 1. Kapellmeisters am Deutschen Nationaltheater.
Seinen Einstand mit der Staatskapelle Weimar gab er bereits im September. Doch die Oper „Caligula“, von Detlev Glanert nach dem Drama von Albert Camus ist die erste Neuproduktion am Haus unter seiner musikalischen Leitung, die an diesem Sonnabend Premiere feiert. Wir sprachen mit Wolf über das tönende Schicksalswerk.
Wie haben Sie reagiert, als klar war, dass Sie sich mit einem zeitgenössischen Werk vorstellen werden?
Es war tatsächlich erstmal ein gewisses Distanzgefühl da. Bei zeitgenössischer Musik ist es zunächst ein Herantasten. Im Gegensatz zu den klassischen Werken. Doch „Caligula“hat mich sofort emotional gepackt. Ich bin von der Instrumentierung beeindruckt und davon, wie hervorragend es Glanert vermag, die Seelenzustände der gleichnamigen Hauptfigur musikalisch aufzubauen.
Dabei wird der Hörer mit einigen klanglichen Extremen konfrontiert. Was sollen diese zum Ausdruck bringen?
Einsamkeit, Angst, Trauer, Sehnsucht, aber auch die Brutalität mit der Caligula vorgeht. Permanente Zwischentöne, die vom Orchester klanglich illustriert werden, machen diese Gefühlszustände hörbar. Gleichzeitig findet Glanert aber auch zarte Klänge und Melodien für intime Momente.
Würden Sie sagen, dass gerade die Konstruktion dieser diversen Klangbilder die Oper zu etwas Besonderem macht?
Es kommt auf jeden Fall nicht von ungefähr, das sie bisher so erfolgreich war. Nach der Uraufführung 2006 in Frankfurt und weiteren Aufführungen in Köln, London, Buenos Aires und Hannover ist Weimar das sechste Theater, an dem die Oper aufgeführt wird. Das ist schon beachtlich.
Was für mich immer ein Zeichen von Qualität ist, dass Motive existieren, die im Gehör bleiben und sich relativ schnell nachsingen lassen. Das spricht sicherlich auch für die Beliebtheit des Werkes.
Gab es auch Herausforderungen, vor denen Sie während de Proben mit dem Orchester standen?
Jeder hat sich am Anfang stark auf den Rhythmus konzentriert, weil der sehr herausfordernd ist. Um die Emotionalität der Musik zum Ausdruck zu bringen, braucht es aber eine gewisse Agogik. Dazu muss man sich ein Stück weit von dem Perfektionsstreben lösen. Nur so ist es möglich, Töne weicher anzusetzen oder auch ein warmes Piano erklingen zu lassen. Bei einem Strauss oder Mozart sind diese Hürden schneller genommen.
Bei „Caligula“hat es also länger gedauert, bis sich eine Art Magie des Stückes entfalten konnte?
Ganz genau. Doch mit der Musik, die man dann zu hören bekommt, wird man belohnt. Es gilt, sich darauf einzulassen. Das wünsche ich mir auch vom Publikum, denn es darf sich auf ein farbiges Musikdrama freuen, das bei allen Dissonanzen auch eine Reihe reiner Wohlklänge bereithält.
Es hört sich fast so an, als seien Sie ein Glanert-fan?
Vielen Künstlern steht die Suche nach Originalität im Weg. Sie haben den Drang, modern sein zu wollen. Das ist bei Glanert nicht so. Er will authentisch vermitteln. Das bewundere ich.