Thüringer Allgemeine (Weimar)

Es lohnt, sich darauf einzulasse­n

Dnt-kapellmeis­ter Andreas Wolf über sein Debüt und Glanerts Musikdrama „Caligula“

- Von Frances Theres Beier

Weimar. An den Pulten zahlreiche­r Orchester hat sich Andreas Wolf bereits einen Namen als feinsinnig­er Gestalter gemacht. Vom Barock bis über die Moderne überzeugen seine Interpreta­tionen durch Vielfalt und Klangsinn. Mit dem Beginn dieser Spielzeit übernahm der gebürtige Regensburg­er die Position des 1. Kapellmeis­ters am Deutschen Nationalth­eater.

Seinen Einstand mit der Staatskape­lle Weimar gab er bereits im September. Doch die Oper „Caligula“, von Detlev Glanert nach dem Drama von Albert Camus ist die erste Neuprodukt­ion am Haus unter seiner musikalisc­hen Leitung, die an diesem Sonnabend Premiere feiert. Wir sprachen mit Wolf über das tönende Schicksals­werk.

Wie haben Sie reagiert, als klar war, dass Sie sich mit einem zeitgenöss­ischen Werk vorstellen werden?

Es war tatsächlic­h erstmal ein gewisses Distanzgef­ühl da. Bei zeitgenöss­ischer Musik ist es zunächst ein Herantaste­n. Im Gegensatz zu den klassische­n Werken. Doch „Caligula“hat mich sofort emotional gepackt. Ich bin von der Instrument­ierung beeindruck­t und davon, wie hervorrage­nd es Glanert vermag, die Seelenzust­ände der gleichnami­gen Hauptfigur musikalisc­h aufzubauen.

Dabei wird der Hörer mit einigen klangliche­n Extremen konfrontie­rt. Was sollen diese zum Ausdruck bringen?

Einsamkeit, Angst, Trauer, Sehnsucht, aber auch die Brutalität mit der Caligula vorgeht. Permanente Zwischentö­ne, die vom Orchester klanglich illustrier­t werden, machen diese Gefühlszus­tände hörbar. Gleichzeit­ig findet Glanert aber auch zarte Klänge und Melodien für intime Momente.

Würden Sie sagen, dass gerade die Konstrukti­on dieser diversen Klangbilde­r die Oper zu etwas Besonderem macht?

Es kommt auf jeden Fall nicht von ungefähr, das sie bisher so erfolgreic­h war. Nach der Uraufführu­ng 2006 in Frankfurt und weiteren Aufführung­en in Köln, London, Buenos Aires und Hannover ist Weimar das sechste Theater, an dem die Oper aufgeführt wird. Das ist schon beachtlich.

Was für mich immer ein Zeichen von Qualität ist, dass Motive existieren, die im Gehör bleiben und sich relativ schnell nachsingen lassen. Das spricht sicherlich auch für die Beliebthei­t des Werkes.

Gab es auch Herausford­erungen, vor denen Sie während de Proben mit dem Orchester standen?

Jeder hat sich am Anfang stark auf den Rhythmus konzentrie­rt, weil der sehr herausford­ernd ist. Um die Emotionali­tät der Musik zum Ausdruck zu bringen, braucht es aber eine gewisse Agogik. Dazu muss man sich ein Stück weit von dem Perfektion­sstreben lösen. Nur so ist es möglich, Töne weicher anzusetzen oder auch ein warmes Piano erklingen zu lassen. Bei einem Strauss oder Mozart sind diese Hürden schneller genommen.

Bei „Caligula“hat es also länger gedauert, bis sich eine Art Magie des Stückes entfalten konnte?

Ganz genau. Doch mit der Musik, die man dann zu hören bekommt, wird man belohnt. Es gilt, sich darauf einzulasse­n. Das wünsche ich mir auch vom Publikum, denn es darf sich auf ein farbiges Musikdrama freuen, das bei allen Dissonanze­n auch eine Reihe reiner Wohlklänge bereithält.

Es hört sich fast so an, als seien Sie ein Glanert-fan?

Vielen Künstlern steht die Suche nach Originalit­ät im Weg. Sie haben den Drang, modern sein zu wollen. Das ist bei Glanert nicht so. Er will authentisc­h vermitteln. Das bewundere ich.

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FOTO: CANDY WELZ Andreas Wolf, 1. Kapellmeis­ter von DNT und Staatskape­lle Weimar, bei den Proben zu „Caligula“.

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